Heimstätten

Aus Norder Stadtgeschichte
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Heimstätten

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Basisdaten
Kategorie Orte in Norden
Stadtteil/-viertel Ostlintel
Genaue Lage Altes Klostergelände bzw.

Am Zingel / Schulstraße

Die Heimstätten (ehemals: Reserve-Lazarett) waren ein Barackenlager auf dem Gebiet der heutigen Wohnanlage Marienthal (zwischen Schulstraße und dem Neuen Friedhof).

Geschichte

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs erfasste ein Großteil der Bevölkerung im Deutschen Reich ein Gefühl von Kriegseuphorie. Unzählige Männer, insbesondere jungen Alters, meldeten sich begeistert zum Kriegsdienst. Viele von ihnen kamen gar nicht oder - zum Teil sogar schwer - verletzt zurück. Die Obrigkeit hatte mit einem schnellen Kriegsende gerechnet, kaum einer hatte daran gedacht, ausreichend medizinische Versorgungsstätten zu errichten. Je länger der Krieg voranschritt, umso größer wurde auch die Zahl der Soldaten, die behandelt werden mussten.

Erst während des Krieges erkannte man schließlich, dass die Kapazitäten des erst 1913 errichteten Krankenhauses an der Feldstraße (heute Stadtwerke) bei Weitem nicht ausreichen würde, um der Zahl versorgungsbedürftiger Personen Herr zu werden. Neben den zahlreichen Kriegsverwundeten und -versehrten kamen weitere Menschen die - je weiter der Krieg voranschritt - an für Hungersnöte und andere Notlagen typische Erkrankungen aufwiesen. Auch der normale Betrieb musste weitergehen. Daher errichtete man im Umfeld des Krankenhauses mehrere (mindestens vier)[1] Lazarettbaracken. Im Militärjargon werden solche außerhalb von Kampfgebieten auch als Reserve-Lazarett genannt. Dieser Name taucht unter anderem auch auf alten Postkarten auf.

Für einfache Baracken ungewöhnlich wurden sie noch 1914 an die Stromversorgung angeschlossen.[2] 1915 wurde das Reserve-Lazarett dann im Zusammenhang mit Sachspenden genannt. Die Norder Bürger wurden dazu aufgerufen, Nahrungs- und Genussmittel wie Obst und Zigaretten bei Schwester Barbara abzugeben.[3] Eine weitere Erwähnung im genannten Jahr folgt im Zusammenhang mit der Verlegung von 98 kranken und verwundeten Soldaten aus den Kampfgebieten im Baltikum in das Norder Lazarett.[4]

Nach dem Krieg wurden die Baracken ab 1920 (Einführung des Reichsheimstättengesetzes), spätestens ab 1922 (Gründung des Wohnungsbauunternehmens Niedersächsische Heimstätte; kurz: N.S.H.) als Unterkunft für heimkehrende und wohnungslos gewordene Soldaten sowie ihrer Familien genutzt. Die Niedersächsische Heimstätte war das Organ der staatlichen Wohnungspolitik und verantwortliche viele Siedlungs- und Wohnungsbauprojekte, darunter auch die Besiedlung von Neuwesteel ab 1934.[5]

Die letzten drei Baracken wurden noch bis 1965 bzw. 1966 zu Wohnzwecken genutzt und anschließend abgebrochen.[6][7][8] Heute befindet sich auf dem Grund die Wohnanlage Marienthal der AWO Norden.

Trivia

Wie in vielen Straßen und Orten in Norden kam es in den 1930er Jahren zur Gründung einer Straßenfußballmannschaft durch die unter 14-jährigen Bewohner, da es durch die nationalsozialistische Gleichschaltung keine eigenständigen Fußballvereine mehr gab und zudem alle Kinder dieses Alters ausschließlich in der Hitlerjugend Mitglied sein durften. Die Straßenfußballmannschaft der Heimstätten galt seinerzeit als eine der besten der Stadt und war der größte Konkurrent der Mannschaft aus der Kirchstraße.[9]

Galerie

Einzelnachweise

  1. Sanders, Adolf (1999): Norden - wie es früher war, Gudensberg, S. 26
  2. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 16
  3. Ostfriesischer Kurier vom 17. Oktober 1915, S. 4
  4. Ostfriesischer Kurier vom 9. Oktober 1915, S. 3
  5. Schreiber, Gretje (2011): Die Höfe in Süderneuland / Neuwesteel, 7. Folge, in: Heim und Herd, Beilage Ostfriesischer Kurier 15. Oktober 2011, S. 52
  6. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 49
  7. Canzler, Gerhard (2002): Doornkaat. Eine Firmenchronik, Norden, S. 55
  8. Adressbuch von 1950/1951, S. 123f.
  9. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 3

Siehe auch