Heinz Samson

Aus Norder Stadtgeschichte
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Dr. Heinz Ewald Samson (* 28. September 1920 in Norden; † 3. September 2009 in Genf) war ein Norder Kaufmann jüdischen Glaubens und bis zu seinem Tode der letzte noch lebende Norder Jude aus der Zeit des Nationalsozialismus. Kurz vor dem Krieg konnte er rechtzeitig nach London entkommen, stieg dort zum Großindustriellen auf und gründete 2005 die nach ihm und seiner Frau benannte Stiftung Dr. Heinz E. & Edith Samson, die zahlreiche gemeinnützige Projekte förderte. Ihm und seiner Familie zu Ehren wurde die Samson-Allee als Zuwegung zum Parkfriedhof benannt.

Leben

Samson entstammte einer alten jüdischen Familie, die spätestens seit dem 17. Jahrhundert in Norden wohnhaft war.[1] Ihr Wohnhaus befand sich am Neuen Weg 70, wo sie im angrenzenden, heute als Speicher de Hoop bekannten Gebäude eine Getreidehandlung betrieben und auch im Viehhandel tätig waren.[2][3] Samsons Vater brachte es zu beträchtlichem Wohlstand, seine Handlung soll die seinerzeit größte in Ostfriesland gewesen sein.[4]

Infolge der Nürnberger Reichsgesetze von 1935 wurde Samson der Schule verwiesen. In den Folgejahren wurde das Klima gegenüber der jüdischen Bevölkerung immer schwieriger. Im Alter von noch 18 Jahren flüchtete er deshalb mit einem der letzten sogenannten Kindertransporte nach London zu einer Freundin seiner Mutter - bis zuletzt in der Hoffnung, seine Familie würde ihm bald folgen.[1][5] Doch seine Schwester, die kurz vorher heiratete und nach Belgien zog sowie seine Eltern wurden von den Nationalsozialisten verhaftet und in Konzentrationslager deportiert.[1][3] Heinrich und Paula Samson wurden im November 1941 im KZ Minsk ermordet, seine Schwester Gerda starb im Oktober 1942 im Vernichtungslager Auschwitz.[1][5][6]

In London machte Samson eine Lehre zum Werkzeugmacher beim Rüstungskonzern Vickers-Armstrongs und fertigte Schutzbrillen und Gasmasken für die Britische Luftwaffe (Royal Air Force; kurz: RAF) her, wobei ihm seine Kenntnisse in der Aluminiumverarbeitung zugute kamen.[1][3] [5] Während der legendären Luftschlacht von England diente Samson als Mitglieder der RAF.[5]

Nach dem Krieg wechselte er in die Edelstahlbranche, in der er sich 1950 selbstständig machte und es zu ansehnlichem Wohlstand brachte.[3][5] Das von ihm mit einem Startkapital von gerade einmal 40 Pfund gegründete Unternehmen H. E. Samson Ltd., das er 1988 wegen eines Augenleidens verkaufte, gehörte lange Zeit zu den größten stahlverarbeitenden Industrieunternehmen des Landes. Neben dem auf einer Fläche von zehn Hektar betriebenen Stahlwerk gab es noch weitere Firmen in Birmingham, Sheffield, Swansea in Wales und dem irischen Dublin. Er beschäftigte über 900 Angestellte. Trotz der Größe sei es stets ein Familienunternehmen mit entsprechender Wertschätzung der Mitarbeitenden gewesen.[5] Aus diesem Grund und weil er maßgeblich beim Aufbau des Jerusalem College of Technologie sowie an der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem mitwirkte, wurde Samson, mittlerweile promoviert, in den 1970er Jahren zum Ehrenbürger von London ernannt.[1][5] Nach dem Verkauf seines Unternehmens zog er mit seiner Frau Edith in die Schweiz.[5]

Um die Erinnerung an die Jüdische Gemeinde von Norden zu bewahren, gründete er am 10. Mai 2005 die Stiftung Dr. Heinz E. & Edith Samson und stattete sie mit einem Gründungskapital von 200.000 Euro aus.[7] Die Stiftung setzt sich bis heute für die Förderung der Bewahrung der Erinnerung an die jüdische Gemeinde von Norden sowie weiterer Projekte, vor allem in Kultur und Gesellschaft ein. Von herausragender Bedeutung der jüngeren Vergangenheit war beispielsweise die finanzielle Unterstützung über 100.000 Euro für die Restaurierung des Kellers im Alten Norder Rathaus im Jahre 2021.[8] Auch die durchgehende Finanzierung der Instandhaltung des Jüdischen Friedhofs zählt zu den wichtigsten Projekten der Stiftung.[9] Bereits 1993 finanzierte er die Restauration mehrerer Grabsteine.[10] Eines der letzten Förderungsprojekte außerhalb Nordens, die Samson noch selbst zu Lebzeiten initiierte, war die Finanzierung des Baus eines neuen Traktes des Herzog Hospital in Jerusalem.[5]

Seine Heimatstadt Norden hat Samson nach seiner Flucht nur zwei Mal wieder gesehen: Einmal im Jahre 1948 und einmal im Jahre 1987, anlässlich der Woche der Begegnung zur Einweihung der Gedenkstätte am Synagogenweg. Vom Schicksal seiner Familie hatte er bereits zwei Wochen nach Ende des Zweiten Weltkriegs erfahren. Er beschrieb sein Verhältnis zu seiner Heimatstadt naturgemäß immer als schwierig.[5]

Am 3. September 2009 verstarb Samson in Genf. Durch das Wirken seiner Stiftung, die von seiner Familie weitergeführt wird, bleibt das Andenken an den bis zu seinem Tode letzten, noch lebenden Angehörigen der ehemaligen jüdischen Gemeinde von Norden dauerhaft erhalten.

Ehrungen

Die Stadt Norden ernannte ihn noch zu Lebzeiten zum Ehrenbürger und benannte im Jahre 2018 ihm und seiner Familie zu Ehren die Samson-Allee (Zuwegung zum Parkfriedhof) nach ihm.[7]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Biographie der Familie Samson (englisch), abgerufen am 8. September 2021
  2. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 172
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Online-Bericht der Ostfriesen Zeitung vom 29. Dezember 2019, abgerufen am 8. September 2021
  4. Gödeken, Lina (2000): Rund um die Synagoge in Norden. Die Geschichte der Synagogengemeinde seit 1866, Aurich, S. 47
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 5,7 5,8 5,9 Online-Bericht der Ostfriesen Zeitung vom 11. September 2009, abgerufen am 8. September 2021
  6. Bericht zu einem Theaterstück über das Leben jüdischer Mitbürger in Norden, abgerufen am 8. September 2021
  7. 7,0 7,1 Online-Bericht der Ostfriesen Zeitung vom 30. Januar 2018, abgerufen am 8. September 2021
  8. Online-Bericht der Borkumer Zeitung vom 11. August 2021, abgerufen am 8. September 2021
  9. Online-Bericht der Ostfriesen Zeitung vom 30. Juni 2005, abgerufen am 8. September 2021
  10. Die Geschichte der Norder Juden auf Alemannia Judaica, abgerufen am 8. September 2021

Siehe auch