Berumerfehnkanal

Aus Norder Stadtgeschichte
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Berumerfehnkanal

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Basisdaten
Kategorie Gewässer im Stadtgebiet
Baubeginn 1794
Fertigstellung 1796
Ursprung Norderfehn
Mündung Bargebur (als Stichkanal)

Norder Tief (ehemals)

Der Berumerfehnkanal (auch: Moortief, Norderfehnkanal, Fehnkanal) wurde ab Mai 1794 bis 1795/1796 als Wasserstraße für den Torftransport und als Entwässerungskanal von der Norder Fehngesellschaft angelegt.[1] Der rund 14 km lange Kanal verband die Stadt mit dem Hochmoorgebiet Norderfehn, heute Berumerfehn. Straßen waren zu dieser Zeit kaum vorhanden und wenn, dann kaum oder gar nicht befestigt. Zudem fehlten die Möglichkeiten, größere Lasten auf dem Erdwege zu transportieren. Über Jahrhunderte hinweg wurden in Ostfriesland Waren mit Booten und Kähnen über das weitverzweigte Fluss- und Kanalnetz befördert.

Unklare Eigentumsverhältnisse in den Moor- und Waldgebieten, die zum Teil gerichtlich geklärt werden mussten, ungenaue Grenzen, die Entschädigung der Betroffenen und Verschleppungen von Seiten der Kriegs- und Domänenkammer hatten den Baubeginn immer wieder verzögert.

Geschichte

Ehemaliger Verlauf des Fehnkanals bis zur Mündung ins Norder Tief (ganz links, nicht mehr sichtbar) aus der Luft, um 1945. Unten die Chaussee, heute Bahnhofstraße. Links der Bahnübergang an der Ölmühle, Heerstraße und Torfhafen. Etwa die linke (westliche) Hälfte des hier sichtbaren Kanalabschnitts ist heute verschüttet und überbaut, die östliche Hälfte besteht als Moortief fort.

Die Arbeiten zum Bau begannen 1794, etwa zwei Jahre später wurde der erste Torf im Norder Hafen angelandet. In umgekehrter Richtung wurde vor allem Dünger (Seeschlick, Kleierde, Straßenkot und Brennereiabfälle) transportiert. Die Stadt war fortan unabhängig von teuren Torfimporten aus anderen Regionen wie dem Saterland.

Der Fehnkanal vor der Ölmühle auf einer Ansichtskarte aus den 1960er Jahren.

Da das Moor am Kanalanfang in Berumerfehn etwa 10 m höher als der Wasserspiegel des Norder Tiefs lag, wo der Kanal endete, wurden mehrere Verlaate, Kammerschleusen, für die Torfschiffe benötigt. Ein solches Verlaat und das dazugehörige Verlaathaus befand sich in Halbemond in unmittelbarer Nähe der Nadörster Straße. Ungefähr hier befand sich auch eine kleine Anlegestelle, über die Waren auf dem Weg von und nach Norden umgeschlagen werden konnten. Das Maschinenhaus und die Tore wurden erst 1967 abgebrochen.[2]

Die Kosten des Kanals betrugen 27.314 Reichstaler, hinzu kamen Entwässerungsgräben, Brücken, Schleusen, Wege, Torfschiffe, Entschädigungen für Ländereien. Die Gesamtkosten beliefen sich auf gut 60.000 Taler. Gebaut wurde der Kanal vor allem von Arbeitern aus dem Oldenburger Raum, da die Bürger Halbemonds, durch dessen Gebiet der Kanal in großen Teilen fließt, die entstehende Konkurrenz (auch sie lebten teilweise vom Torfabbau) fürchteten und den Bau zu boykottieren versuchten.[1]

Die Transportkähne wurden in der Regel von zwei oder mehr Arbeitern gezogen, die links und rechts des Kanals oder hintereinander liefen. Die Wege nannte man auch Treckpadd (Zug- bzw. Ziehweg) oder Treidelpfad. Ein weiterer Arbeiter lenkte den Kanal, meistens nur mit einem langen Stock, den er auf den Kanalgrund steckte. Treckpadd ist bis heute der Name des Wanderwegs neben der Bundesstraße bei Nadörst. Manchmal, aber wegen der Armut der Arbeiter eher selten, wurden die Kähne auch von Pferden oder anderen Lastentieren gezogen.

Im September 1818 stellte die Fehngesellschaft einen kleinen Graben fertig, der entlang der heutigen Raiffeisenstraße führte und den Fehnkanal über das Addinggaster Siel in das Norder Tief entwässern ließ.[3] Hintergrund waren anhalten Beschwerden der Norder Sielacht über den deutlich gewachsenen Wasserzuflusses, den das Hafensiel nun zu tragen hatte.[4]

Mit dem Bau der Bahnstrecke Rheine-Norddeich Mole wurde der Schiffsverkehr zu bestimmten Zeiten durch die Eisenbahnbrücke über den Kanal nahe der Ölmühle eingeschränkt.[5] Gänzlich zum Erliegen kam der Torftransport über den Fehnkanal allerdings erst 1947.[6] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde immer weniger Torf als Brennmaterial ersetzt, da Kohle, die über bessere Brenneigenschaften verfügte, immer leichter und günstiger verfügbar wurde.

Heute ist der Berumerfehnkanal längst kein Transportweg mehr, sondern dient lediglich zur Entwässerung. Auch fließt er nicht mehr in das Norder Galgentief, sondern endet infolge zunehmender Verlandung seit den 1960er Jahren in Bargebur als Stichkanal, der dort auch Moortief genannt.[7] Dieser Namen entstand, da der Kanal in Süderneuland II durch die moorigen Gebiete am Tidofelder Holz (Wald an der Bundesstraße; Gemeinde Lütetsburg) fließt, die sich bis Bargebur erstreckten. Das Moortief erstreckte sich von dort bis zum Hafen und endete am Torfhafen.[8]

Die Entwässerung erfolgt seit 1972 über das Addinggaster Tief, nachdem der Entwässerungsverband den Kanal 1966 erwarb und das Wasserwirtschaftsamt in Aurich ihn von 1968 bis 1972 ausbauen ließ.[9] Der frühere Wasserverlauf in Bargebur ist nicht mehr erkennbar, jedoch auf der Karte oben rechts nachgezeichnet. Der Fehnkanal gleicht mittlerweile in weiten Teilen nur noch einem normalen Wassergräben, da er seine ursprüngliche Breite, vor allem entlang der Bundesstraße und im innerstädtischen Bereich, weitestgehend durch Verlandung und Baumaßnahmen eingebüßt hat. Seine einstige Breite lässt sich jedoch noch gut entlang des Treidelpfads in Halbemond erkennen, wo er unmittelbar am Motodrom des Norder Motorsportclubs entlangführt.

Historische Brücken

Bei Nadörst führte eine hölzerne Drehbrücke über den Kanal zur II. Moorriege (Lütetsburg). Sie wurde in den 1960er Jahren abgerissen und verrohrt. Am Ende des Justiztrifts (Lütetsburg) führte ebenfalls eine solche Drehbrücke über den Kanal. Sie wurde 1971 abgebrochen und ebenfalls verrohrt. Diese Drehbrücken wurden beim Passieren der Torfkähne einfach zur Seite und danach wieder zurück gedreht.

Eine hölzerne Klappbrücke befand sich seit Mai 1773 In der Gnurre. Sie wurde vermutlich nach dem Bau des Fehnkanals durch eine Klappbrücke ersetzt, welche wiederum 1939/1940 abgebrochen wurde.[8]

Trivia

Wollte man in früheren Jahren jemanden verspotten, der sich als sehr klug und welterfahren zeigte, dann witzelte man, dass dieser sehr weit gereist sei: Vom Fehnkanal bis zur Ölmühle.[10]

Als sogenanntes Gewässer 2. Ordnung ist der Entwässerungsverband Norden heute für den Unterhalt und die Reinigung des Gewässers zuständig.

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Canzler, Gerhard (1989): Handel und Wandel, Norden, S. 26
  2. Gerdes, Ute (2018): 200 Jahre Orsteil Nadörst (Online-Veröffentlichung), abgerufen am 15. April 2021
  3. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 239
  4. Ramm, Heinz (1989): Popke Fegter (1874-1946). Sein Leben und sein Wirken im Norderland, Norden, S. 34
  5. Daten zur Eisenbahnverbindung nach Norden / Norddeich und Sande, abgerufen am 1. Juni 2021
  6. Sanders, Adolf (1988): Unsere Stadt hinterm Deich, Norden, S. 41
  7. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 97
  8. 8,0 8,1 Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 163
  9. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 245
  10. Canzler, Gerhard (2002): Doornkaat. Eine Firmenchronik, Norden, S. 35

Quellenverzeichnis

  • Folkerts, Rudolf (1994): Der Fehnkanal - ein fast vergessener Wasserweg. In: Ostfreesland Kalender für Jedermann, Norden, S. 208
  • Historische Flurnamensammlung der Ostfriesischen Landschaft
  • Preußische Grundkarte von ca. 1895 (Erste Landesaufnahme)

Siehe auch