COVID 19-Pandemie

Aus Norder Stadtgeschichte
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Als COVID 19-Pandemie (umgangssprachlich: Corona-Pandemie) wurde der weltweite Ausbruch der Atemwegserkrankung COVID-19 (COronaVIrus Disease 2019; deutsch: Coronavirus-Krankheit 2019), einer Atemwegserkrankung, die in den meisten Fällen mild oder symptomlos, aber in Ausnahmefällen auch schwerwiegende bis lebensbedrohliche oder gar tödliche Verläufe nehmen kann, bezeichnet. Das Virus wurde erstmals im Dezember 2019 in Wuhan (Volksrepublik China) beschrieben und breitete sich daraufhin in kürzester Zeit auf der ganzen Welt aus. Am 27. Januar 2020 wurde der erste Fall in Deutschland amtlich erfasst und am 28. Januar vom Bayerischen Gesundheitsministerium bekanntgegeben.

In Ostfriesland wurde das Virus erstmalig am 4. März 2020 von einem Labor bestätigt. Eine Frau aus Westoverledingen hatte sich vermutlich im Emsland angesteckt. Wenige Tage später wurde der erste Fall in Hage und dann schließlich auch in Norden gemeldet. Amtlich bekanntgemacht wurden die beiden Fälle vom Landkreis Aurich am 11. März 2020. Am gleichen Tag wurde eine Infektion in Aurich bekannt.

Verlauf

Anfängliche Ausbreitung

Trotz anfänglicher Besorgnis angesichts des ersten Falls gab es zunächst keine Einschnitte in den Alltag. Das Robert Koch-Institut (RKI) erklärte zunächst noch am 22. Januar 2020, "dass nur wenige Menschen von anderen Menschen angesteckt werden können" und dass sich das Virus nicht sehr stark auf der Welt ausbreiten würde. Offenbar war das RKI in der Annahme, es handele sich um einen ähnlichen Verlauf wie bei der SARS-Pandemie 2002/2003. Dies wurde vom Virologen Alexander Kekulé kritisiert, der am selben Tag erklärte, dass er "nicht ganz die Gelassenheit des Robert Koch-Instituts" teile.

Am 11. März gab die Stadtverwaltung von Norden bekannt, dass der Unterricht an der Oberschule sowie an der Außenstelle der Kooperativen Gesamtschule Hage-Norden am 12. und 13. März aufgrund eines Corona-Verdachtsfalles ausfallen werde. Der Verdacht bestätigte sich in der Folgewoche jedoch nicht. Bereits am 12. März sagte die Stadt die Ausschusssitzungen des Stadtrats sowie die jährliche Müllsammelaktion ab. Einen Tag später wurden die Verwaltungseinrichtungen sowie die Stadtbibliothek für den Besucherverkehr geschlossen. Am 16. März folgte das Ostfriesische Teemuseum.

Am 17. März veränderte das RKI die Gefährdungseinschätzung für die Gesundheit der Bevölkerung und schätzte dies nunmehr als insgesamt "hoch" ein. Die Belastung des Gesundheitswesens könne örtlich "sehr hoch" sein. Daraufhin legten zunächst einzelne Bundesländer Maßnahmen zu Ausgangsbeschränkungen fest, beispielsweise wurden in Baden-Württemberg ab dem 18. März 2020 gemäß der Corona-Verordnung der Landesregierung sämtliche Versammlungen und Veranstaltungen untersagt, Kirchen, Synagogen, Moscheen, Kultur- und Bildungseinrichtungen geschlossen. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege erließ am 20. März 2020 per Allgemeinverfügung eine vorläufige Ausgangsbeschränkung mit Wirkung vom 21. März 2020 bis zunächst 3. April 2020.

Am 13. und 17. März beschlossen Bund und Länder eine Reihe von Maßnahmen, um das Gesundheitssystem auf die voraussichtlich steigenden Behandlungszahlen von COVID-19-Fällen vorzubereiten. Dazu gehörten die Verschiebung planbarer Operationen und ein Notfallplan für Krankenhäuser, mit dem die Intensivkapazitäten verdoppelt werden sollen. Gleichzeitig wurden Quarantänemaßnahmen für Reisende aus dem Ausland und Reisebeschränkungen beschlossen.

Am 20. März untersagte der Landkreis Aurich erstmals per Allgemeinverfügung die Nutzung von Zweitwohnungssitzen. Hintergrund dieser Maßnahme war, dass zu Beginn der Pandemie noch niemand wusste, wie sich der weitere Verlauf gestalten wurde. Anfänglich schien es - insbesondere in Hinblick auf die medialen Bilder über unzählige Leichenwagen in Italien - als sei eine sehr hohe Zahl an beatmungspflichtigen Intensivpatienten und Toten zu erwarten. Die umliegenden Krankenhäuser verfügten nur über eine sehr geringe Anzahl von derartigen Intensivbetten, sodass die Behörden versuchten, die Zahl der im Landkreis verkehrenden Menschen möglichst gering zu halten, um damit die theoretische Verfügbarkeit derartiger Betten zu erhöhen. Hoch anzurechnen ist hier das Engagement von Landrat Olaf Meinen, der diese Verfügung trotz ihrer schon im Vorfeld bekannten Rechtsunsicherheit erließ (eine solche amtliche Verfügung hatte es hier so bis dato nie gegeben), um den rund 12.000 Zweitwohnungsbesitzern nebst ihren Familien, die nicht selten aus Hochrisikogebieten stammten, eine Anreise in den vergleichsweise strukturschwachen Landkreis Aurich zu untersagen.

Wie von den Behörden erwartet, führte die Maßnahme zu mehreren Klagen von Zweitwohnungsbesitzern beim Verwaltungsgericht Oldenburg, doch stuften die Richter das Recht auf Freizügigkeit einzelner Personen (zu Recht) niedriger als das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Leben der breiten Masse ein. Kräfte der Bereitschaftspolizei aus Oldenburg unterstützten die auch für die Inseln zuständige Polizei Norden nebst der dortigen Polizei und dem Ordnungsamt bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes auf den ostfriesischen Inseln im Landkreis Aurich. Bereits im Vorfeld wurden Touristen und Zweitwohnungsbesitzer über mehrere Tage durch Lautsprecherdurchsagen von Polizei und Feuerwehr aufgefordert worden, die Insel zu verlassen. Über mehrere Monate wurde der Fähranleger am Norddeicher Hafen von Kräften des Ordnungsamtes des Landkreis Aurich kontrolliert. Später wurde eine Einigung mit der Reederei Frisia getroffen, wonach private Sicherheitskräfte die Einhaltung des touristischen Transports kontrollierten und bei Bedarf die Behörden hinzuziehen.

Schnell kam es in den Geschäften und Supermärkten zu einem Mangel an Desinfektionsmitteln, Einweghandschuhen und medizinischen Masken. Einige besonders egoistische Zeitgenossen, die offenbar das Ende der Welt kommen sahen, horteten zudem massenweise Toilettenpapier, Mehl, Hefe und Konserven, sodass auch diese normalerweise massenweise vorhandenen Waren vielerorts langwierig vergriffen waren. Findige und nicht minder egoistische Geschäftsmänner verkauften medizinische Produkte zu horrenden Preisen an die Krankenhäuser, die diese dringend benötigten, um ihren Betrieb aufrecht erhalten zu können. Bundesgesundheitsminister Spahn, seines Zeichens gelernter Bankkaufmann, war der Rolle als oberster Seuchenbekämpfer zu keiner Zeit gewachsen. Daher erscheint es auch nicht verwunderlich, dass er das medizinische Personal zusätzlich verhöhnte, indem er es - trotz bereits bestehender Überlastung - zu weiteren Überstunden ermunterte und er ihnen millionenfach unbrauchbare Masken aus papierähnlichem Stoff zur Verfügung stellte. Der Mangel an geeignetem Material war so groß, dass FFP2-Masken unter den Beschäftigten einige Zeit getauscht werden mussten, bis die Industrie ausreichende Mengen für den allgemeinen Bedarf produziert hatte.

Erster Lockdown

Am 22. März 2020 einigten sich Bund und Länder auf ein umfassendes Kontaktverbot. Beim Zusammentreffen im öffentlichen Raum sollte ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden, Gastronomie- und Dienstleistungsbetriebe wie Friseursalons wurden geschlossen. Kernpunkt des Kontaktverbotes war, dass der Aufenthalt im öffentlichen Raum nur alleine oder mit einer weiteren Person oder im Kreis der Angehörigen des eigenen Hausstands gestattet ist. Für die Stadt Norden, die hochgradig vom Fremdenverkehr abhängig ist und eine Vielzahl an Gastronomie- sowie Hotelbetriebe aufweist, war diese Schließung ein schwerer Schlag. Viele Beschäftigte verloren in Arbeit oder mussten in Kurzarbeit gehen. Auch Schulen und Kindergärten wurden geschlossen und waren nur noch für Kinder von Eltern in sogenannten systemrelevanten Berufen zugänglich. Hierunter wurden solche Berufe zusammengefasst, die von herausragender Wichtigkeit für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung waren, wie beispielsweise medizinisches Personal oder Polizeibeamte. Die Stadt Norden setzte die Monatsbeiträge für die städtischen Kindergärten für den Monat April aus.

War die Osterzeit (10. bis 13. April 2020) in den Vorjahren stets einer der Hauptreisezeiten in der Region, kam das touristische Leben vollständig zum Erliegen. Die normalerweise zu dieser Zeit stark frequentierte Norddeicher Straße beispielsweise glich einer Geisterstraße. Neben der Polizei - mit Unterstützung von Bereitschaftspolizisten aus Osnabrück und Oldenburg - waren auch das Ordnungsamt der Stadt Norden und des Landkreis Aurich unterwegs, um die Einhaltung der Verfügungen zu kontrollieren. Die Verbote umfassten auch den Aufenthalt mit Wohnmobilen. Mehrere Touristen versuchten, sich mit ihren Wohnmobilen an nicht frei einsehbaren Stellen zu postieren, was den Behörden in der Regel jedoch bekannt wurde.

Sommer 2020

Am 15. April und 6. Mai beschlossen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Länder eine allmähliche Öffnung des öffentlichen Lebens. Geschäfte, Gastronomie und andere Dienstleistungsbetriebe und Kultureinrichtungen wie Museen konnten schrittweise wieder für ihr Publikum öffnen, jedoch unter Abstands- und Hygieneauflagen. Breiten- und Freizeitsport unter freiem Himmel wurden gestattet, in Schulen und Kindertagesstätten die Notbetreuung erweitert. Weiterhin sollte ein Mindestabstand von 1,5 Metern zueinander eingehalten werden, Kontaktbeschränkungen wurden bis zum 5. Juni verlängert. Großveranstaltungen blieben weiterhin verboten. Zusätzlich wurde eine Empfehlung zum Tragen von Alltagsmasken im ÖPNV und Einzelhandel ausgesprochen werden. Gleichzeitig sollten der Bewohner von Alten- und Pflegeheime ohne Isolation geschützt werden, die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Gesundheitsdienst und die Kapazität der Corona-Tests erhöht werden. Für Norden wurde eine Maskenpflicht auf dem Wochenmarkt verhängt.

Mit dem Beschluss vom 6. Mai 2020 erhielten die Länder weitgehend die Verantwortung für weitere Lockerungen. Gleichzeitig wurde am 6. Mai zum ersten Mal beschlossen, dass in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit besonders hoher Inzidenz schärfere Infektionsschutzmaßnahmen gelten sollten. Diese sogenannte Hotspot-Strategie wurde anschließend in gemeinsamen Beschlüssen vom 7. und 14. Oktober 2020 ausgebaut und präzisiert. In zwei weiteren Videoschaltkonferenzen am 27. August 2020 und am 29. September 2020 beschlossen Bundeskanzlerin Merkel und die Regierungschefs der Länder eine Reihe von Anpassungen der Infektionsschutzmaßnahmen. Das betraf etwa die Teststrategie für Personen, die aus dem Ausland einreisen, zusätzliche Mittel für digitale Unterrichtsangebote und die Erweiterung der empfohlenen individuellen Hygienemaßnahmen durch regelmäßiges Lüften und die Nutzung der Corona-Warn-App. Die beschlossenen Lockerungen führten im Mai dazu, dass unzählige Touristen wieder nach Norden kamen.

Am 9. Juni kam der Rat der Stadt Norden erstmals wieder zusammen, nachdem er letztmalig am 25. Februar im Saal des Reichshofs getagt hatte. Um die Abstandsregelungen einhalten zu können, wurde als Versammlungsort die Sporthalle Wildbahn gewählt. Bis zum Ende der Pandemie behielt der Stadtrat dies bei.

Nachdem die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina die geltenden Beschlüsse als nicht ausreichend kritisiert hatte, einigten sich die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs der Bundesländer am 28. Oktober auf einen Lockdown light, der am 2. November in Kraft trat und mit Beschluss vom 25. November noch weiter verschärft wurde. Bürger wurden aufgefordert, soziale Kontakte auf ein absolutes Minimum zu reduzieren und der Aufenthalt in der Öffentlichkeit wurde auf kleine Gruppen beschränkt. Zahlreiche Einrichtungen wurden erneut geschlossen: Dazu gehörten Kultur-, Gastronomie- und Dienstleistungsbetriebe. Geöffnet blieben Schulen, Kindergärten und Groß- und Einzelhandelsbetriebe. Für die von Schließungen betroffenen Betriebe wurden zusätzliche wirtschaftliche Hilfen beschlossen. Die Pflicht zum Tragen einer Maske im öffentlichen Raum wurde weiter ausgedehnt.

Während auf Norderney bereits ab Ende Juni die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes (Maske) galt, wurde diese Pflicht für Norden erst ab dem 17. Oktober erlassen. Seitdem mussten im Bereich der innerstädtischen Osterstraße und auf dem gesamten Neuen Weg ein solcher Schutz getragen werden. Weiterhin galt dies auch für den Wochenmarkt. Die Stadt Norden hängte zunächst unscheinbare DIN A4-Zettel aus, die auf die Maskenpflicht hinweisen sollten. Diese wurden jedoch regelmäßig von Dritten abgerissen oder vom Wind fortgeweht, sodass ab November metallene, Verkehrsschildern ähnliche Hinweistafeln angebracht wurden.

Winter 2020/2021

Die einschränkenden Maßnahmen führten dazu, dass sich einige Norder Bürger ab Ende November fortwährend jeden Freitag auf dem Arp-Schnitger-Platz zu einer sogenannten Mahnwache versammelten. Die Versammlung wurde von der zuständigen Versammlungsbehörde (Stadt Norden) erlaubt, da das Versammlungsrecht eines der höchsten Grundrechte unseres Staates ist und in der Praxis fast nie versagt werden darf. Die erste Mahnwache wurde von der Norder Polizei begleitet, da man im Hinblick auf die sogenannten Querdenker-Demonstrationen massive Verstöße gegen die geltenden Einschränkungen befürchtete.

Die Querdenker waren eine bunte Mischung unterschiedlichster Menschen, die gegen die pandemiebedingten Grundrechtseinschränkungen protestierten. Ein kleiner Teil der Anhänger übte legitime Kritik, der weitaus größere Teil hing jedoch Verschwörungstheorien an. Diese reichten von der Leugnung von Viren über eine geplante Epidemie zur Versklavung der Menschheit bis hin zu einer jüdischen oder außerirdischen Weltverschwörung. Große Teile waren zudem bekennende Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, dem sie nachsagten, er würde die Pandemie geplant haben, um abseits der Öffentlichkeit tausende Kinder aus unterirdischen Gefängnissen zu befreien, wo sie von der reichen Weltelite (dem Deep State) gefangen gehalten, gefoltert und zum Zwecke der Adrenochrom-Gewinnung (angebliches Mittel zur Verjüngung) getötet oder sogar gegessen wurden. Wahlweise wurden diese Gefängnisse auch von sogenannten Reptiloiden betrieben. Diese Außerirdischen, die Reptilien ähneln, aber die Form von Menschen annehmen können, sind eigentlich eine Erfindung eines Science-Fiction-Romans, wurden aber von vielen Querdenkern für real gehalten. Man erkennt also schnell, dass der Geist vieler Querdenker äußerst wirr war und unter anderen Umständen sicherlich schnell zu einer Einweisung in eine psychiatrische Klinik geführt hätten. So ist es nicht verwunderlich, dass es bereits bei der zweiten Mahnwache, bei der die Polizei nicht von Anfang an präsent war, zu massiven Verstößen gegen Abstandsregelungen kam. Diese und die weiteren wurden seitdem immer von der Polizei begleitet, um weitere Verstöße bereits im Vorfeld zu verhindern. Tatsächliche Außenwirkung entfalteten die Mahnwache nie, die Teilnehmenden, deren Zahl nie die 40 überstieg, standen lediglich mit einigen Lichtern beisammen und unterhielten sich. Auf Außenstehende mag dies wie ein normales Kaffeekränzchen unter dem Deckmantel der Versammlungsfreiheit gewirkt haben.

Am 13. Dezember 2020 verabredeten die Regierungschefs der Länder mit der Bundeskanzlerin aufgrund weiterhin hoher Infektionszahlen, dass mit Wirkung ab dem 16. Dezember 2020 bis zum 10. Januar 2021 die Infektionsschutzmaßnahmen weiter verschärft werden. Dazu gehören insbesondere Schließungen der meisten Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe. Kindertagesstätten und Schulen wurden geschlossen oder auf Distanzunterricht umgestellt. Betriebe sollten den Betrieb soweit möglich auf Homeoffice (Arbeiten von zuhause) umstellen. Für Gebiete mit hohen Infektionszahlen wurden verschärfte Mobilitätsbeschränkungen beschlossen. Gleichzeitig wurden Entschädigungsregeln für Unternehmen und zusätzliche Ansprüche auf Kinderkrankengeld für Eltern, die Kinder zu Hause betreuen müssen. Reisen aus Risikogebieten im Ausland sollten strenger reguliert werden. Außerdem wurden weitere Infektionsschutzmaßnahmen festgelegt, so die Pflicht zum Tragen medizinischer Masken im öffentlichen Nahverkehr und in Geschäften und verstärkte Tests in Alten- und Pflegeheimen. Hintergrund der Maßnahmen waren anhaltend hohe Infektionszahlen, aber auch die Gefahr, dass neue Virus-Varianten zu einer schwerwiegenden Verschärfung der pandemischen Lage führen könnten. Selbsthergestellte Masken, wie sie noch anfangs zuhauf zu sehen waren, durften nicht mehr in geschlossenen Räumlichkeiten genutzt werden.

Am 10. Februar beschlossen die Bundeskanzlerin und die Regierungschefs von Bund und Ländern, sich bei Öffnungsschritten im Rahmen des zweiten Lockdowns an einer stabilen 7-Tage-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in den Ländern zu orientieren. Am 3. März 2021 wurde der Wert auf eine Inzidenz von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner festgelegt. Gleichzeitig beschloss man, verstärkt Schnelltests zur Verfügung zu stellen.

Frühling und Sommer 2021

Ab dem 8. März durften auch Buchläden wieder öffnen. In sämtlichen Einzelläden, die nicht für den täglichen Bedarf notwendig sind, war es jedoch einige Zeit notwendig, einen Termin im Vorfeld zu vereinbaren. Dazu zählten neben den Buchläden auch Baumärkte. Supermärkte waren nicht betroffen. Die meisten Geschäfte umgingen bzw. weichten diese Regelung auf, sodass sie auch Spontantermine anboten. Rechtlich stand dem nichts entgegen, doch führte dies die ursprüngliche Planung, nämlich zu verhindern, dass sich vor Geschäften zu viele Leute ansammeln, ad absurdum. Die großen Anstürme blieben jedoch allzeit aus und dieser nun gängigen Praxis stand zu keiner Zeit etwas entgegen.

Ab Montag, den 15. März wurde das Rathaus wieder für den allgemeinen Besucherverkehr geöffnet, wobei auch hier weiterhin die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes galt. Bereits am 9. März wurde die Stadtbibliothek wieder geöffnet. Die angemeldeten Osterfeuer zu Oster- bzw. Karsamstag (3. April) durften im Landkreis nur im engsten Familienkreis stattfinden. Allein in Norden gab es 2021 über 150 (angemeldete) Osterfeuer.

Das Corona-Testzentrum bei Glückauf.

Anfang April bewarb sich Norden für ein Modellprojekt des Landes Niedersachsen, wonach der gesamte Einzelhandel unter bestimmten Voraussetzungen wieder hätte öffnen können (Vorlegen eines negativen Tests, Anmeldung im Vorfeld). Innerhalb kürzester Zeit erarbeitete die Stadt ein Konzept und legte dies dem Land vor. Neben Aurich, Emden und weiteren, ausgewählten Städten hätte der Einzelhandel wieder öffnen können, doch schon am 12. April wurde der Start dieses Modellprojektes verschoben, da von Seiten der Bundesregierung keine klaren Zeichen kamen, ob nicht doch wieder ein harter, vollumfänglicher Lockdown folgen wird, der das gesamte Konzept zunichte gemacht hätte. Die Planungsmöglichkeiten für die Einzelhändler waren nicht gegeben, die Unsicherheit zu groß, sodass sich diese fast ausnahmslos der Teilnahme am Konzept verwehrten. Weitere Städte taten es Norden gleich und sagten ihre Teilnahme am Modellprojekt mangels Teilnahmewilligkeit ihrer Einzelhändler ab.

Ebenso im April kamen die ersten Corona-Testzentren in Norden auf, bundesweit seit dem 8. März. Hier war es für die Bürger möglich, sich kostenlos mittels PCR-Schnelltest auf das Virus testen zu lassen. Betrieben wurden diese Testzentren meistens von findigen Geschäftsleuten in der Hoffnung auf schnellen Profit, denn die Anforderungen zum Aufbau eines solchen Testzentrums waren marginal. Man musste oftmals lediglich eine Skizze über den Aufbau der Teststation nebst eines Hygienekonzepts beim Gesundheitsamt vorlegen. Nach der Gewerbeanmeldung konnte man loslegen und erhielt pro durchgeführten Test 18 Euro vom Bund erstattet; 12 Euro für den Abstrich selbst zzgl. 6 Euro für die Testanschaffungskosten. Das Personal wurde meist auf geringfügiger Basis beschäftigt und bestand meist keineswegs aus medizinischem Personal, sondern vielmehr aus Leuten, die in einem etwa einstündigen Video eingewiesen wurden und dann diese Tests durchführen durften. So kam es landkreisweit vereinzelt zu Zwischenfällen aufgrund mangelnder Hygiene oder zu Verletzungen durch zu tief eingeführte Teststäbchen. In Norden bestanden solche Testzentren auf dem Parkplatz des Supermarktes real,- bei Glückauf (als Drive-In), bei der AWO Norden sowie an den Juist- und Norderneyanlegern der Reederei Frisia. Auch in den Apotheken konnten diese Tests durchgeführt werden.

Ende Mai begann sich die Lage infolge der umfangreicheren Impfungen, der besseren Testmöglichkeiten und der wärmeren Tage bundesweit zu normalisieren. Die Landkreise Friesland und Goslar wurden am 8. Juni sogar als Coronafrei gemeldet. Anfang Juni fiel der Landkreis Aurich auf eine Inzidenz unter 30, sodass weitestgehende Beschränkungen (ab unter 35) möglich wurden. Durch Infektionen in zwei Großfamilien stieg diese Zahl kurzfristig wieder deutlich an, da die Familien zahlreiche Mitglieder umfasste. Dennoch kehrte allmählich Normalität ein und auch die Maskenpflicht in den Innenstädten entfiel. Private, geschlossene Feiern in öffentlichen Räumlichkeiten waren mit Testungen sogar bis zu einer Zahl von 100 Personen wieder erlaubt.

Zur Sommerferienzeit blühte das touristische Leben in nie da gewesenem Maße wieder auf. Fast alle Betten wurden als belegt gemeldet, unzählige Tagestouristen und Wohnmobilisten sowie Camper reisten an. Die Innenstadt von Norden war so voll, wie noch nie zuvor. Dennoch kam es kaum zu Neuinfektionen, sodass der Sommer beinahe ein normaler war, sähe man über die Maskenpflicht und andere, verbliebene Vorschriften weg. Langsam, aber sicher verschwanden auch die Testzentren wieder, da sich ihr Betrieb nicht mehr lohnte, nachdem seit Oktober dort keine kostenfreien Tests mehr angeboten wurden, um von Seiten der Bundesregierung weitere Menschen zur Erreichung der Herdenimmunität anzuhalten.

Im Juni wurde bekannt, dass bundesweit etliche Krankenhäuser die Zahl der belegten Intensivbetten künstlich erhöht hätten, um Förderungsmittel zu erhalten. Anders als offiziell verlautbart wurde, gab es also niemals eine Notlage bei Intensivbetten, was die Bevölkerung zu Recht erregte. Auch in Angesicht des fortschreitenden Impferfolgs, der sinkenden Infektionszahlen und dem Verschwinden des ersten Schreckens über das unbekannte Virus führten dazu, dass die Hygienevorschriften immer weniger Beachtung fanden und auch von den Behörden sowie der Polizei kaum noch kontrolliert wurden. Die meisten Betriebe hielten sich dennoch an die Vorschriften, andere setzten sie fast gänzlich außer Kraft. So gab es beispielsweise insbesondere in der Außengastronomie des Haus des Gastes ein reges Kommen und Gehen, ohne dass der Gastwirt auf die Einhaltung der Maskenpflicht, der Abstandswahrung oder der verpflichtenden Dokumentation der Kundendaten zur Kontaktnachverfolgung hinwirkte.

Am 23. August wurde flächendeckend das sogenannte 3G- bzw. 2G-Konzept eingeführt. Dies sah unter anderem vor, dass Gastwirtschaften ihre Kunden nur noch zum Verweilen einlassen dürfe, wenn diese Geimpft, Genesen oder Getestet sind. Die 2G-Regel sah nur die ersten beiden Möglichkeiten vor. Der Vorteil bestand dann darin, dass die Gäste keinen Mund-Nasen-Schutz beim Verlassen ihrer Plätze tragen müssen und auch sonst die Kontaktbeschränkungen entfielen.

Erneute Verschlechterung

Entgegen der allgemeinen Erwartungen ließ der Impffortschritt mit zunehmender Verbesserung der Lage nach, sodass die Infektionszahlen ab November 2021 wieder neue Höchstzahlen erreichten. Bereits Ende Oktober des Jahres wurde dann erstmals wieder eine bundesweite Inzidenz über 100 gemeldet. Diese stieg in der Folgezeit exponentiell an, sodass ein Großteil der eigentlich aufgehobenen Einschränkungen wieder in Kraft trat. In zahlreichen Städten wurden die Weihnachtsmärkte wieder abgesagt, obwohl sie teilweise bereits wieder aufgebaut wurden. Andere Städte setzten für ihre Märkte auf 2G oder 2G-Plus (2G plus Testung). In Norden konnte der Weihnachtsmarkt unter der 2G-Relegung stattfinden. Zu Recht oder zu Unrecht fühlten sich die zahlreichen Nicht-Geimpften, die von Seiten der anerkannten Wissenschaft unisono als wesentliche Kraft der fortschreitenden Pandemie ausgemacht wurden, vom Alltagsleben ausgegrenzt. In der gleichen Zeit wurde die Impfkampagne wieder hochgefahren und nun auch Drittimpfungen empfohlen, wobei insbesondere auf die Präparate der Hersteller Moderna und BionTech Pfizer zurückgegriffen wurde.

Auch im neuen Jahr 2022 stiegen die Infektionszahlen, wobei zwar ebenfalls die Zahl der sogenannten Hospitalisierungen zunahm, dies jedoch nur absolut und nicht äquivalent prozentual. Ein Großteil der Wissenschaftler sah hierin ein klares Zeichen dafür, dass sich das Virus in der neuen Omikron-Variante abschwächte und immer weiter auf die oberen Atemwege verlagerte.

Anstatt abzuwarten, wie sich das weitere Geschehen entwickelt, kam es seit dem neuen Jahr zu immer häufiger, sogenannten Montagsspaziergängen. Hierbei handelte es sich um nicht angezeigte und damit eigentlich unrechtmäßige Versammlungen, die von den Teilnehmern jedoch als zufällige Begegnung deklariert wurden. Diese verabredeten sich zuvor über den bei Querdenkern sehr beliebtem Messenger Telegram, deren Betreiber zusicherten, keine Daten zu zensieren oder weiterzugeben. Tatsächlich weiß bis heute niemand, wer die Daten wo speichert und für welche Zwecke benutzt. Dennoch war Telegram das Kommunikationsportal der Corona-Maßnahmenkritiker schlechthin.

Die immer häufigeren Montagsspaziergängen waren nun nicht mehr hauptsächlich von Wirrköpfen und Esoterikern durchsetzt, auch immer mehr Anhänger rechtsextremistischer Ansichten unterwanderten diese. Den Erfolg der Spaziergänge nutzten die Extremisten, um auf weitere Themen aus ihrer kruden Ideologie aufmerksam zu machen. Kritisiert wurde daher vor allem, dass sich normale Bürger zum Helfershelfer von Demokratiefeinden machten.

Letztlich führten die Spaziergänge wie erwartet zu keinerlei politischen Änderungen, sondern lediglich dazu, dass sich die Fronten von Impfbefürwortern und -gegnern weiter verhärteten und die ohnehin schon überbelastete Polizei weitere, unzählige Überstunden leisten musste.

Anfang Februar hoben mehrere benachbarte Länder, insbesondere die skandinavischen - in denen die Impfbereitschaft um ein Vielfaches höher war - die Corona-Einschränkungen weitestgehend auf. Auch die Bundesregierung stellte deutliche Lockerungen zum Frühjahr in Aussicht, da sich immer mehr abzeichnete, dass sich das Virus tatsächlich abmilderte.