Dreißigjähriger Krieg

Aus Norder Stadtgeschichte
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Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 brachte für Norden keine Zerstörungen durch unmittelbare Kriegshandlungen mit sich, doch wurden Stadt und Umland wiederholt von verschiedenen Soldaten- bzw. Söldnerheeren besetzt, die sich hier schadlos hielten und mit ihrem Verhalten zu schwerwiegenden Verwüstungen führte und der Stadt den wirtschaftlichen Ruin brachten. Abgesehen von den umfangreichen Plünderungen, brachten die Söldnerheere jedoch auch etwas nach Ostfriesland, das hierzulande noch überwiegend unbekannt war: Das Tabakrauchen.

Verlauf

Nachdem der Dreißigjährige Krieg im Jahre 1618 ausbrach, blieb die Grafschaft Ostfriesland neutral und wurde daher zu keiner Zeit in Kampfhandlungen eingebunden. Aufgrund ihrer Neutralität und der eher schwachen Herrschaft von Graf Enno III. und seinem Nachfolger Graf Ulrich II. nutzten die Truppen des protestantischen Söldnerführers Peter Ernst II. von Mansfeld das Land von 1622 bis 1624 als Ruheort für seine Truppen. Ursächlich hierfür war ein Abkommen zwischen ihm und den in Ostfriesland seinerzeit sehr einflussreichen Niederländischen Generalstaaten, die seit dem sogenannten Osterhusischen Akkord, bei dem der ostfriesische Graf einen Großteil seiner Macht an die Ostfriesischen Stände abtreten musste, faktischen Anteil an den politischen Geschicken der Region hatten.[1]

1622 stand von Mansfeld schließlich für einige Monate ganz in den Diensten der Niederlanden und kam quasi auf deren Einladung nach Ostfriesland, wo seine Truppen auch Norden und das Umland besetzten. Die Übermacht der feindlichen Streitmacht war so gewaltig, dass Enno III. nicht einmal verhindern konnte, dass ihm 300.000 Reichstaler aus seiner Festung, wohin er zwischenzeitlich von Aurich geflohen war, gestohlen wurden. Die Soldaten des von Mansfeld hielten ihn dort zudem wie einen Gefangenen fest.

Am 14. November 1622 zog das Söldnerheer in der Stadt ein.[2] Norden und Ostfriesland litten in der Folgezeit große Not. Die auswärtigen Truppen ernährten sich aus dem Lande und wurden durch Anwerbungen noch verstärkt. Die Bevölkerung wurde durch direktes (Mord) und indirektes Wirken (Vorratsplünderung) der Mansfelder Truppen auf bis zu die Hälfte reduziert.[3] Flohen Norder Bürger aus ihren Häusern vor der disziplinlosen Horde Mansfelds, wurden ihre Häuser in Brand gesetzt.[4]

Einzig die Stadt Emden konnte sich, geschützt durch den kurz zuvor fertiggestellten Emder Wall, Mansfeld widersetzen. Als dieser einige Dörfer der Umgebung besetzte, verlangten die Emder von den Generalstaaten vergeblich Hilfe. Die Stadt war aber gut gerüstet und in der Lage, eine ausreichende Verteidigungsanlage zu errichten. Der Festungsbaumeister Johann von Falkenburg hatte die Stadt von 1606 bis 1616 auf den neuesten Stand der Verteidigungstechnik gebracht. So konnte sie ihre Umgebung gezielt unter Wasser setzen, was sie zur Demonstration auch tat. Ferner riss sie den Vorort Barenburg ab, um freies Schussfeld zu haben. Mansfeld unterließ es daraufhin, die Stadt anzugreifen.

Die sonstige, ungeschützte ostfriesische Bevölkerung reagierte auf die brutalen Übergriffe mit Abwehr- und Racheaktionen. Allmählich begannen die Verhältnisse in der Region sich zum offenen Kriegszustand zu entwickeln. Für die Niederländischen Generalstaaten als vorgebliche Schutzmacht waren die Zustände in Ostfriesland bald nicht mehr haltbar und so vermittelten sie, die die Truppen ja überhaupt ins Land geholt hatten, zwischen von Mansfeld und den Ostfriesischen Ständen, die bezeichnenderweise an Stelle des Grafen die Verhandlungen über die Bedingungen des Abzuges führten. Von Mansfeld, der durch die Verwüstung Ostfrieslands sich selbst seiner Basis beraubt hatte, verlangte dafür 300.000 Gulden.[5] Diese Summe im Lande aufzubringen war nicht möglich. Schließlich boten die Niederländer an, den Ständen diese Summe vorzustrecken. Am 12. Januar 1624 unterschrieb Mansfeld den Abzugsvertrag und entließ seine Söldnertruppen bei Stickhausen.[6] Bereits am 5. Januar des Jahres verließen sie die Stadt Norden.[2]

Kaum waren die Söldner des von Mansfeld abgezogen, besetzten von 1627 bis 1631 katholische Truppen der ligistischen Armee Tillys und schließlich von 1637 bis 1651 hessische Truppen das Land. Zwar kam es, anders als bei den Mansfeldern nicht zu massenweisen Plünderungen, Brandstiftungen und Vergewaltigungen, doch auch diese Invasoren forderten hohe Kontributionszahlungen, die Ostfriesland endgültig in den Ruin trieben. Da die Summen nicht im Land verfügbar waren, mussten sie durch langfristige Kredite bei den Niederländischen Generalstaaten aufgebracht werden, sodass Ostfriesland paradoxerweise Schuldner des Landes wurde, das maßgeblich dafür verantwortlich war, dass auswärtige Truppen überhaupt erst in der Region einfielen. Zudem sahen sich die Grafen Ostfrieslands nach dem Raub der 300.000 in Fässer abgepackten Reichstaler in Esens durch Mansfeldsche Truppen weiteren Forderungen durch das Haus Liechtenstein als Rechtsnachfolger der Grafen von Rietberg ausgesetzt, mit dem das Harlingerland seit der Zeit von Balthasar von Esens verbunden war. Diese erneuerten 1663 die Forderungen des Berumer Vertrages. Da Ostfriesland nicht zahlen konnte, wurde der Fürstbischof von Münster zum Schuldeneintreiber bestimmt. Er fiel in Ostfriesland ein. Nur mit Hilfe der Generalstaaten und des Herzogs Eberhard von Württemberg konnten die münsterschen Truppen vertrieben, ein Kompromiss vermittelt und die noch einmal um 200.000 Taler erhöhte Summe aufgebracht werden.[7]

Durch den wirtschaftlichen Ruin schrumpfte auch die Norder Handelsflotte zusammen und da die Viehbestände fast gänzlich dezimiert wurden, begannen die Marschbauern mit dem Anbau von Getreide. In diese Zeit fällt daher der Bau zahlreicher Mühlen im Stadtgebiet. Als einer der wenigen Wirtschaftszweige konnte das Handwerk von den Umständen profitieren, standen doch zahlreiche Wiederaufbaumaßnahmen an.[2]

Einzelnachweise

  1. Schmidt, Heinrich (1985): Ostfriesland im Schutze des Deiches, Leer, S. 272
  2. 2,0 2,1 2,2 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 66
  3. Rack, Eberhard (1967): Besiedlung und Siedlung des Altkreises Norden, Münster, S. 47
  4. Schreiber, Gretje (2020): Die Bewohner des Bürgerhauses in Norden. Haus der Bürgerstiftung Norden, Norden, S. 13
  5. Biographie des Peter Ernst II. von Mansfeld in der Personendatenbank der Ostfriesischen Landschaft
  6. Patze, Hans (1998): Geschichte Niedersachsens - Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von der Reformation bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, Hannover, S. 122
  7. Klopp, Onno (1854): Geschichte Ostfrieslands von 1570-1751, Hannover, S. 286

Siehe auch