Ekeler Vorwerk

Aus Norder Stadtgeschichte
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Ekeler Vorwerk

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Basisdaten
Entstehungszeit vor 1605
Erbauer Häuptlingsgeschlecht Uldinga
Burgentyp Steinhaus mit Gulfscheune
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Schulstraße 33

26506 Norden

Das Ekeler Vorwerk ist ein großes Steinhaus mit baulich angeschlossenem Gulfhof, welches sich zwischen den heutigen Straßenzügen Schulstraße, Baumstraße und Langer Pfad befindet. Das Gebäude gehört zu den historisch bedeutendsten der Stadt und ist bis heute in einem relativ authentischen Zustand erhalten. Es ist ein zweigeschössiger, verputzter klassizistischer Backsteinbau unter einem Krüppelwalmdach. Blockrahmen und Schiebefenster aus dem ersten Drittel des 19. Jahrhunderts sind bis heute erhalten.

Geschichte

Der Name erklärt sich aus seiner Lage im Stadtteil Ekel und seiner Eigenschaft als Vorwerk (auch Vorwerck). Als solche bezeichnete man landwirtschaftliche Nebengebäude und Höfe, die sich außerhalb der Befestigungslagen einer Burg oder eine Festung befanden.

Erwähnt wird das Ekeler Vorwerk erstmalig im Jahr 1605 als Schatthaus (Versorgungshof) des Adeligen Albert von Jemgum, welcher nach dem Tod des letzten Uldinga die Uldingaburg und das gesamte Gut Ekel geerbt hatte.[1] Das Umland bestand zunächst vor allem aus Eichenbäumen, die namensgebend für den Stadtteil Ekel waren. Sie wurden im Laufe der Zeit nach und nach abgerissen, um Platz für weitere Gebäude und landwirtschaftliche Nutzflächen zu schaffen.

1719 gehörten noch 100 Diemat zum Anwesen, was einer Fläche von umgerechnet etwa 570.000 Quadratmetern entspricht. Ungefähr zwischen der Schulstraße und dem Langen Pfad existierte ein sogenannter Küchengarten, ein Obst- und Gemüsegarten zur eigenen Versorgung. Ebenso sollen ein Hopfengarten und drei weitere Gärten zum Gut gehört haben.[2] Die über die Jahrhunderte unveränderten Straßenzüge Looger Weg, Heitsweg, Ekeler Weg, Baumstraße und Ekeler Gaste können als Abgrenzungen der Ausmaße der Ländereien angesehen werden.[3] 1840 wurde das Land stückweise verkauft und das Gebäude fortan als Gastwirtschaft genutzt. Für das Jahr 1848 lässt sich nachweisen, dass das Ekeler Vorwerk zwei Gebäude und acht Einwohner umfasste.[4]

1903 wurde in dem Gasthof im Jahre 1903 die Freie Turnerschaft gegründet, die den den Saal zugleich für ihre Leibesübungen nutzte. Auch war die Gaststätte Gründungslokal des Radfahrvereins Frisch Auf.[5]

Spätestens seit dem Ersten Weltkrieg befand war der Gasthof im Besitz der Familie Dittrich.[6][7] Während des Kriegs wurden in diesem auch Auktionen von Fleisch durchgeführt, so etwa am 1. Oktober 1915.[7] Im Folgejahr, 1916, kam es schließlich zu einem großen Brand in dem Gasthof, bei dem auch sämtliche Habseligkeiten der Vereine mit verloren gingen.[8][9] Der Gasthof selbst erlitt schwerste Schäden und musste weitestgehend neu aufgebaut werden.[9] Am Tage des Kriegsendes, dem 11. November 1918, sprach im Gasthof ein Arbeiter- und Soldatenrat zu einer dichtgedrängten Volksmenge.[6]

Der neugebaute Gasthof wurde auch bekannt als Gewerkschaftshaus, da sich hier neben der örtlichen SPD auch die Gewerkschaften regelmäßig trafen. 1919 übernahm die Stadt das Gebäude und Gastwirt Bruno Dittrich eröffnete in der Nähe ein neues Geschäft.[9]

Von 1921 bis 1923 wurden Haus und Garten auch als Schützenhaus genutzt, damals hieß die Gaststätte hier Zum Stadtpark oder auch Gasthof Zum Ekeler Vorwerk.[10] Die benachbarte Schützenwiese erinnert noch heute mit ihrem Namen an diese Zeit. 1924 erbauten die Schützen das Schützenhaus am Ekeler Weg und zogen dorthin um. Seitdem wurde das Grundstück des Ekeler Vorwerks unter anderem für Tennisspiele genutzt und dafür das Grundstück im Winkel von Baumstraße und Schulstraße zu einem Tennisplatz hergerichtet. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde das Gelände von der nationalsozialistischen Bautruppe Organisation Todt beschlagnahmt, die es zur Einlagerung von Material für den Bau von Bunkern und Flakstellungen nutzten.[11]

Mitte Februar 1949 veranstalteten von Einheimischen und Vertriebenen gegründete Betriebe der Stadt eine Mustermesse (Messe, auf der Warenmuster gezeigt und Abschlüsse zwischen Herstellern und Wiederverkäufern getätigt werden) in der großen Scheune des Vorwerks. Die Messe trug den sinnbildlichen Namen Die Brücke, da sie die genannten Bevölkerungsgruppen einander näher bringen sollte. Das Publikumsinteresse war groß, insgesamt kamen rund 12.700 Besucher. Im Dezember des Jahres wurde daraufhin eine Weihnachtsausstellung mit 41 Ständen organisiert. Um an den Erfolg anzuschließen, wollte die Stadt die Veranstaltung im Folgejahr wiederholen, doch dabei ortsfremde Firmen einbeziehen, weshalb die Veranstaltung durch den Boykott der Norder Betriebe floppte.[12]

Im Jahre 1950 befand sich im Ekeler Vorwerk kurzfristig ein provisorisches Kino als Ersatz für das wegen baulicher Mängel geschlossene Metropol-Theater, ehe der Betrieb dort wieder aufgenommen werden konnte.[13] Der Garten wurde um 1960 abgeholzt und bebaut. Hier entstanden zahlreiche Wohnhäuser. An den alten Baumbestand erinnern noch die Straßenbezeichnungen Eibenweg und Baumstraße.

Bis etwa 2008 war in der Gulfscheune das Geschäft H. Wiesner Fußboden- und Innenausbau GmbH ansässig. 2010 wurde das steinerne Wohnhaus teilweise instandgesetzt und an der Nordseite mit dem markanten Schriftzug Ekeler Vorwerk versehen. Das Hauptgebäude wird als Wohnhaus genutzt, die Scheune beherbergt seit der Schließung der Firma Wiesner eine Freikirche (Philadelphia Community). Nebenräume der Scheune werden von der Partei Bündnis 90/Die Grünen genutzt. Dahinter befindet sich ein kleines Dojo.

Beschreibung

Das Gebäude besteht aus einem steinernen Wohnhaus im Stile der Burgen ostfriesischen Typus und einer Scheune mit Nebengebäuden. Das Haupthaus (Steinhaus) ist mehr oder minder im originalgetreuen Zustand. Wie auf den nachfolgenden Bildern zu erkennen ist, hat sich der Gebäudekomplex zur Schulstraße bedeutend verändert.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Pühl, Eberhard (2007): Flurnamenforschung. Alte Backsteinhäuser in Ostfriesland und im Jeverland, Oldenburg, S. 37ff.
  2. Schreiber, Gretje (2011): Finettenburg: Neue Erkenntnisse, in: Heim und Herd, Beilage Ostfriesischer Kurier 8. Januar 2011, S. 1ff.
  3. Preußische Grundkarte von ca. 1895 (Erste Landesaufnahme)
  4. Statistisches Handbuch für das Königreich Hannover von 1848
  5. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 16
  6. 6,0 6,1 Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 17
  7. 7,0 7,1 Ostfriesischer Kurier vom 1. Oktober 1915, S. 3
  8. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 5
  9. 9,0 9,1 9,2 Ostfriesischer Kurier (1999): Von der Kaiserzeit bis zur Gegenwart (Sonderdruck), Norden, S. 31
  10. Ostfriesischer Kurier vom 7. August 2021, S. 6
  11. Ocken, Ihno (1996): Entstehung und Entwicklung des Sports in der Stadt Norden, Norden, S. 8
  12. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 59
  13. Geschichte des Metropol-Theaters, abgerufen am 17. Juni 2021

Siehe auch