Leybucht

Aus Norder Stadtgeschichte
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Karte Ostfrieslands des Johannes Florianus in der Zeit um 1580. Gut erkennbar ist noch die große Ausdehnung der Leybucht.

Die Leybucht ist nach dem Dollart bei Emden die zweitgrößte Bucht in Ostfriesland. Nach verheerenden Landeinbrüchen im 14. Jahrhundert, bei der sie ihre größte Ausdehnung erhielt, wurde ihr bis 1952 immer wieder Fläche abgerungen.

Der Name der Leybucht wird manchmal auch synonym für den Ort Leybuchtpolder genutzt.

Namensherkunft

Zum Ursprung des Namens gibt es zwei Herleitungen. Die wahrscheinlichere bezieht sich auf eine Verkürzung des Wortes Leide. Die Leide war praktisch der Vorläufer des Norder Tiefs, verlief jedoch weiter nördlich. Die Bezeichnung entstammt dem Niederdeutschen und bedeutet so viel wie (Wasser-)Leitung. Im Laufe der Jahrhundert wurde daraus Ley. Der Ausfall des D nach dem Tonvokal ist eine häufige Erscheinung im Niederdeutschen.[1]

Die zweite Herleitung bezieht sich auf das frühere Schieferdach der Marienhafener Kirche, die nach dem Einbruch der Leybucht im 14. Jahrhundert für lange Zeit, ebenso wie der Turm der Andreaskirche, ein wichtiges Seezeichen für den Schiffsverkehr war. Das niederdeutsche Wort Ley bedeutet insofern Schiefer.[2]

Lage

Die Leybucht liegt im Westen von Ostfriesland zwischen Greetsiel und Westermarsch, etwa acht Kilometer südwestlich der Norder Altstadt. Sie hat eine Größe von etwa 19 qm und bildet die Grenze zwischen dem Norderland im Osten und der Krummhörn im Süden. Im Südwesten ragt die künstliche Halbinsel Leyhörn ins Meer, die beim Bau des Leysiels entstand.

Entstehung

Die Leybucht auf einer Karte von Ubbo Emmius (um 1595).

Die Leybucht bildete sich wahrscheinlich nach der ersten zuverlässig erwähnten Sturmflut an der niederländischen Küste am 26. Dezember 838. Ihre größte Ausdehnung von etwa 129 Quadratkilometern erlangte sie nach der Ersten Dionysiusflut im Jahre 1374. Diese verheerende Sturmflut führte zu gewaltigen Landverlusten und forderte zahlreiche Menschenleben. Ganze Ortschaften wie Westeel mussten aufgegeben werden. Da der Flut bereits mehrere verheerende Sturmfluten folgten und nachkamen, ging das 14. Jahrhundert auch als das Jahrhundert der Sturmfluten in die ostfriesische Geschichte ein. Die Leybucht reichte nun von Greetsiel im Westen bis Marienhafe im Osten bzw. vom Rand der Stadt Norden bei Lütetsburg (hier liegen noch viele Kolke im Umfeld der Umgehungsstraße) bis nach Canhusen (Gemeinde Hinte) im Süden. Verheerende Pestepidemien dezimierten die Bevölkerung weiter.[3]

Ihre eigenartige Gestalt erhielt die Bucht schließlich dadurch, dass der bis in die Westermarsch vorstoßende Geestvorsprung den Fluten widerstand und diese zum Ausweichen nach Norden und Süden zwang.[4]

Wenngleich die Wassermassen viel Unheil über Land und Leute brachten, führten sie auch dazu, dass die auf einer halbwegs hochsicheren Geestinsel erbaute Kernstadt von Norden nun über einen direkten Zugang zum Meer verfügte. Der Norder Hafen sicherte der Stadt fortan über Jahrhunderte eine wirtschaftliche Blüte. Ab dem 15. und besonders ab dem 16. Jahrhundert begannen die Menschen schrittweise, die verlorenen Landstriche durch Eindeichung zurückzugewinnen. Die erste bekannte Deichbaumaßnahme erfolgte 1425 durch den Bau des Udo-Focken-Deichs, der jedoch mehr der Landsicherung als -gewinnung diente. Die erste große Landgewinnung erfolgte ab 1556 mit der Einpolderung des nachfolgend so genannten Süderneulandes. Die letzten derartigen Maßnahmen erfolgten in den Jahren 1947 bis 1950 mit der Eindeichung desLeybuchtpolders.[3]

In den folgenden Jahren gab es Pläne, die gesamte Leybucht einzudeichen, um so die Deichlinie deutlich zu verkürzen und den Küstenschutz zu verbessern. Diese Maßnahme wurde 1980 jedoch aus Gründen des Naturschutzes wieder verworfen. Es wurden lediglich kleinere Küstenschutzmaßnahmen realisiert (wie beispielsweise die 1991 erfolgte Eindeichung der seit Ende 1994 unter Naturschutz stehenden Leyhörn; siehe Leysiel). Zur Verstärkung der Deichanlagen begannen 1985 erste Vorbereitungen zum Bau des im Jahr 2000 fertiggestellten (neuen) Störtebekerdeichs, der dem alten Deich vorgelagert ist.[5] Insgesamt wurden der Leybucht im Laufe der Geschichte rund 28 Quadratkilometer entrissen.[6]

Durch die Baumaßnahmen verlor der Norder Hafen immer mehr an Bedeutung, sodass diese eigentlich als widersprüchlich zu den wirtschaftlichen Interessen der Stadt betrachtet werden können. Tatsächlich werden die Landgewinnungsmaßnahmen (Polder) nicht positiv betrachtet worden sein, doch führte die natürliche Verlandung des Fahrwassers durch Verschlickung ohnehin im Laufe der Zeit dazu, dass der Hafen immer weniger - insbesondere von größeren Schiffen - angefahren werden konnte.

Die natürliche Verlandung und schrittweise Einpolderung der Leybucht führten schließlich immer wieder zu Problemen mit der Binnenentwässerung geführt, da Verlandungen und Einpolderungen zu Anhebungen der Tideniedrigwasser vor den Entwässerungsbauwerken in der Deichlinie führten.[7] Das hatte also zur Folge, dass das landeinwärts hinter den Sielen aufgestaute Wasser bei Ebbe nicht vollends ablaufen konnte, da auf der anderen Seite der Sieltore das Wasser immer höher stand.

Einzelnachweise

  1. Beschreibung von Leybuchtpolder in der historischen Ortsdatenbank der Ostfriesischen Landschaft
  2. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 149
  3. 3,0 3,1 Fehntjer Kurier vom 23. Februar 1989, abgerufen am 15. August 2021
  4. Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 27
  5. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 88
  6. Schreiber, Gretje (2011): Das Norder Hafengebiet und seine beiden Häfen im 16. Jahrhundert, Manuskript
  7. Niemeyer, H. D., R. Kaiser, G. Brandt & D. Glaser (2004): Überprüfung der Tnw-Abschätzung für das Leysiel, Norderney, S. 2

Siehe auch