Ludgeruskirche

Aus Norder Stadtgeschichte
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Ludgeruskirche

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Basisdaten
Entstehungszeit 19. April bis 20. Oktober 1885
Erbauer Ludgerusgemeinde Norden
Bauweise Ziegelsteinbau
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Osterstraße 21

26506 Norden

Die Ludgeruskirche ist die katholische Kirche von Norden und wesentlich jünger als die Ludgerikirche, mit der sie vereinzelt von Ortsunkundigen verwechselt wird. Sie wurde am 20. Oktober 1885 eingeweiht und befindet sich seitdem an der Osterstraße 21. Wegen ihrer historischen Bedeutung steht die Kirche unter Denkmalschutz.[1]

Geschichte

Bis die Reformation ab 1527 auch in Norden und dem Umland Einzug hielt, waren die Christen naturgemäß ausschließlich katholischen Glaubens. Durch die Reformation wurde der alte Glaube jedoch hierzulande verdrängt und im Zuge der Reformation setzte sich schließlich die evangelisch-lutherische Glaubensrichtung durch. Die katholischen Klöster in Norden, das Benediktinerkloster und das Dominikanerkloster, wurden säkularisiert und ihre Besitztümer von Graf Enno II. beschlagnahmt.

Die sogenannten Emder Konkordate, ein am 7. November 1599 zwischen Graf Enno III. und der Ostfriesischen Landschaft geschlossener Vertrag, der die Gleichstellung von Lutheranern und Reformierten zum Gegenstand hatte, verhinderte über Jahrhunderte die Neugründung einer katholischen Gemeinde. Katholische Gottesdienste fanden, wenn überhaupt, nur unregelmäßig und im Untergrund statt. Erst im 17. Jahrhunderte konnten die wenigen verbliebenen Katholigen auf Betreiben der streng katholischen Ehefrau des Dodo II. zu Innhausen und Knyphausen in der Kapelle des Lütetsburger Schlosses ihren Gottesdienst unter dem Schutz des Grafen abhalten. Innerhalb der Stadtgrenzen sind ab 1720 katholische Gottesdienste in einer Mietkammer an der Großen Neustraße 1 bezeugt.[2] Ermöglicht wurde dies dank der Toleranz von Bürgermeister Wenckebach, der einen Teil seines Wohnhauses zur Verfügung stellte.

Am 4. Januar 1779 erlaubte Friedrich der Große den Katholiken per Dekret die freie Religionsausübung in Norden und Umgebung. Daraufhin wurde in einem Gebäudekomplex an der Sielstraße eine dem Erzengel Michael geweihte Kapelle nebst Pfarrhaus und Schule eingerichtet. Diese war laut Pfarrer Franz-Josef Strieker, der von 1852 bis 1861 hier Dienst tat, kaum größer als zwölf mal sieben Meter und eher ein "ärmlicher Bethsaal zu nennen, in einer Weise unscheinbar und versteckt gelegen, als wenn sich die katholische Gemeinde zu verbergen hätte oder auch nur eine geduldete oder unterdrückte Sekte wäre." Zudem sei das Gotteshaus von außen nicht als solches zu erkennen, was die Gemeinde ebenfalls sehr verstimmte.[2]

Anfang 1859 zogen Helfer in zwei Großbezirken des Bistums Osnabrücks - Aurich und Osnabrück - von Haus zu Haus, um Geld für einen geplanten Kirchbau in Norden zu sammeln. Mit dem Erlös kaufte man zunächst ein Grundstück an der Westerstraße, bebaute dies jedoch nicht, da man dank eines bischöflichen Darlehens letztlich doch das begehrtere Grundstück in der Osterstraße erwerben konnte. Das Kirchenland in der Westerstraße wurde gestückelt verkauft, hier wurden mehrere bis heute erhaltene Gebäude wie der Lentzhof erbaut. Ein unkündbares zinsloses Darlehen des Münsteraner Pelzhändlers Josef Hötte, der als außerordentlich wohltätig und gläubig beschrieben wird und zu dieser Zeit vermutlich geschäftlich in Norden war, sicherte schließlich die Finanzierung für den Bau einer richtigen Kirche. Nach Ablauf von zehn Jahren sollte die Abzahlung beginnen, sobald die Gemeinde dazu in der Lage sei. Am 19. April 1885, dem zweiten Sonntag nach Ostern, wurde der Grundstein für den Bau der Kirche gelegt.[3] Der Grundstein dafür wurde am 19. April 1885 gelegt, dem zweiten Sonntag nach Ostern. Bereits am 16. Juli konnte Richtfest gefeiert werden. Am 20. Oktober wurde die Kirche durch den Osnabrücker Bischof geweiht, geplant war eigentlich bereits der 4. Oktober. Nichtsdestotrotz wurde die Kirche damit in einem außergewöhnlich hohem Tempo fertiggestellt. Dem Wunsch des Stifters Hötte entsprechend wurde die Kirche dem heiligen Ludger gewidmet, dem bereits die evangelische Ludgerikirche gewidmet war.[2] Bei der Weihe waren auch Gesandte anderer Gemeinden anwesend, so etwa Laurenz van Hülst als Vertreter der Norder Mennonitengemeinde.[4]

Ein Jahr nach Bauvollendung begann man mit den Arbeiten an den Außenanlagen. Der alte Holzzaun entlang der Straßenfront zur Osterstraße wurde abgerissen und durch eine kleine Mauer mit aufgesetztem Eisengitter ersetzt. Von einem namentlich nicht bekannten Wohltäter wurden zwei Glocken gestiftet. Hierfür errichtete man den bis dahin noch nicht vorhandenen Glockenstuhl.[2]

Die erst im Jahr 1890 eingebaute Orgel wurde vom Norder Orgelbauer Johann Diepenbrock erbaut. Hinzu kamen eine Orgelbühne und ein Orgelgehäuse. Die Anschaffungen konnten ohne Aufwendungen der Gemeinde geleistet werden. Drei Jahre später beschließt der Kirchenrat den Bau eines hölzernen Taufbeckens.[2]

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg weist die Kirche Schadstellen durch Feuchtigkeit auf und musste daher gründlich überholt und gestrichen werden. Im Juni 1917 musste die Kirche ihre große Glocke an die Rüstungsindustrie abgeben, die das kriegswichtige Material zur Herstellung von Rüstungsgütern einschmolz. Durch Kollekten konnte jedoch zeitnah eine neue angeschafft werden. 1928 wurde für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Gemeindemitglieder eine Bronzetafel im Vorraum der Kirche eingeweiht.

Erst 1968 bis 1970 wurde die Kirche ein weiteres Mal renoviert, sodass der Gottesdienst zeitweise im lutherischen Gemeindehaus an der Norddeicher Straße stattfinden musste. 1971 wurden noch die Innenwände isoliert und neu bemalt. Zu Ostern folgte ein neuer Altar sowie eine elektronische Hausorgel im Sommer des Jahres. 1974 wurde die Orgelbühne neu erbaut.[2] Eine weitere Renovierung folgte von 2015 bis 2018, als die Kirche äußerlich restauriert und in Stand gesetzt wurde.[5]

Beschreibung

Die Kirche wurde überwiegend aus Backsteinen im Stile des Neuromanismus errichtet. Der vergleichsweise schlichten Saalkirche sind im Norden ein Querhaus und der rechteckige Chor, im Süden eine schmalere Portalvorhalle mit Ziergiebel und aufgesetztem Turm angefügt. Hier ist die Außenwand mit Blendarkaden, Bogenfriesen und Lisenen gegliedert.

Das Portal krönt ein halbkreisförmiges Maßwerkfenster. Das heutige Kirchengerät stammt aus der Zeit um 1884, ältere Gegenstände aus der Zeit vor dem Kirchenbau sind nicht mehr vorhanden.

Die 1890 von Johann Diepenbrock erbaute Orgel verfügt über eine einmanualige, mechanisch gesteuerte Kegellade. Im Jahre 2007 wurde von der Firma Westfälischer Orgelbau S. Sauer aus Höxter-Ottbergen ein neues Instrument erbaut. Dabei blieb der Prospekt Diepenbrocks im Stil des Historismus erhalten. Das neue Instrument verfügt über zwei Manuale und Pedal sowie 1481 Pfeifen. Beim Bau dieser neuen Orgel wurden Windladen, Pfeifenwerk und Spieltisch von der ehemaligen Seifert-Orgel der Pfarrkirche St. Cyriakus in Weeze übernommen.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Liste der Baudenkmale in Norden, abgerufen am 11. November 2021
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Foraita, Heinz (1985): Dein sind die Zeiten, Herr. Die Geschichte der Katholischen Gemeinde Norden. Herausgegeben zur 100-Jahr-Feier der St.-Ludgerus-Kirche zu Norden, Norden, S. 11ff.
  3. Cremer, Ufke / Haddinga, Johann (2001): Norden. Die Stadtchronik, Norden, S. 80f.
  4. Bericht des Ostfriesischen Kuriers vom 22. Oktober 1885
  5. Internetseite der Katholischen Pfarreiengemeinschaft Küste, abgerufen am 7. April 2021

Siehe auch