Neuer Weg

Aus Norder Stadtgeschichte
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Neuer Weg

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Basisdaten
Stadtteil/-viertel Norden
Erschließungsjahr vor 1509
Namensgebung 1946 (um 1509)
Historische Namen Hindenburgstraße

Lange Lohne

Langer Weg

Neueweg

Nye Weg

Der Neue Weg ist eine Gemeindestraße in Norden. Die Straße grenzt nördlich an die Osterstraße und die Kleine Mühlenstraße und südlich an die Brückstraße und die Dammstraße sowie den Popke-Fegter-Platz. An den Neuen Weg grenzen auf beiden Seiten mehrere namenhafte und -lose Lohnen bzw. Gassen und Straßen an. Die westlich gelegenen, benannten Lohnen und Straßen sind der Synagogenweg, die Große Neustraße, die Coneruslohne und die Vogelhändlergasse, bei den östlichen handelt es sich um die Doornkaatstraße, die Bäko-Passage und Hooge Thun.

Geschichte

Herkunft des Namens

Ursprünglich hieß der Neue Weg schlicht Langer Weg. Nach einer Neuanlage der Straße und seiner Gebäude nach einem Großbrand im Jahre 1509 bürgerte sich schließlich der Name Neuer Weg bzw. noch bis mindestens in die Zeit des Ersten Weltkriegs Neueweg ein, weil er neu errichtet wurde.

Von 1917 bis 1946 trug der Neue Weg den offiziellen Namen Hindenburgstraße. Davor war die Bezeichnung Neueweg geläufig, wie zahlreiche Inserate im Ostfriesischen Kurier belegen.

Entwicklung

Der Neue Weg gehört zu den ältesten Straßen von Norden und wurde planmäßig angelegt. Er ist jedoch jünger, aber auch etwas länger als die anderen, ebenfalls nach Süden führenden Straßen (Burggraben, Kirchstraße, Sielstraße und Uffen- bzw. Heringstraße). Der damals noch Langer Weg bzw. die Lange Lohne (lateinisch: longa platea) genannte Weg, der bis dahin ungefähr nur bis zur späteren Großneustraße ging, war seinerzeit eine vergleichsweise unbedeutende Verbindung nach Süden.[1][2] Der südliche, unbebaute Teil wurde zu dieser Zeit noch Rispel bzw. Hammerk genannt.[3] Es handelte sich um gemeinschaftlich genutzte Weiden (Gemeinweiden).[2]

Nach dem zeitnahen Ausbau über die Gemeinweiden hinweg und dem Wiederaufbau nach einem schwerwiegenden Großbrand im Jahre 1509 erhielt der Lange Weg seinen heutigen Namen und führte schon bald bis an das Galgentief.[4] In den 1542 angelegten Kontraktenprotokollen wird als Straßenname ebenfalls Neuer Weg als Name angegeben. Zu dieser Zeit war der Neue Weg schon eine wichtige Geschäftsstraße.[4]

Der Neue Weg als dicht bebaute Einfallstraße nach Norden (um 1950).

Auch wenn der Neue Weg erst seit dem Bau der Alten Mühlenbrücke um 1850 eine eigene Fortführung gen Süden hat, war er nie eine Sackgasse, da sich östlich die Brückstraße und westlich die Dammstraße öffneten. In dieser Zeit avancierte der Neue Weg schließlich auch zur Hauptgeschäftstraße der Stadt.[5]

Auffallend ist, dass im 16. Jahrhundert bis ca. 1630 reiche Emder Familien versuchten, in Norden am Neuen Weg Fuß zu fassen. Hausbesitzer an der Ostseite hielten zur damaligen Zeit hinter ihren Häusern Gärten, deren Grenze die Große Hinterlohne bildete. Viele Bürger bewirtschafteten zusätzlich zwischen der Großen Hinterlohne und der Kleinen Hinterlohne einen oder mehrere Äcker. Die Bezeichnung des Neuen Weges reichte im 16. Jahrhundert auf der Ostseite laut Steuerlisten bis zur Brücke, die über das Galgentief führte. Das wäre aus heutiger Sicht gesehen bis zur Brückstraße Nr. 5. Die Bewohner der Westseite des Neuen Weges besaßen Gärten, deren Grenze die Helle bildete und teilweise auch einen Acker oder Garten, deren Grenze die Heringstraße ausmachte, die im 16. Jahrhundert nur vereinzelt bebaut war.[1][4] Die Einwohnerschaft des Neuen Weges setzte sich hauptsächlich aus Handwerkern und wohlhabenden Kaufleuten zusammen, nur vereinzelt waren Tagelöhner zu finden.

Um 1900, in jedem Fall aber noch vor dem Ersten Weltkrieg, wurde der Neue Weg neu gepflastert.[6] Zum 70. Geburtstag von General Paul von Hindenburg, der in der Schlacht bei Tannenberg im August 1914 die Russen besiegt hatte, wurde der Neue Weg 1917 in Hindenburgstraße umgetauft und erhielt erst 1946 wieder seinen alten Namen.[4][7][8] Paul von Hindenburg hatte mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler letztlich dessen Aufstieg ermöglicht und wurde deshalb nach dem Wahnsinn der Vorjahre zurecht kritisch betrachtet.

In früheren Jahren wurde den heimkehrenden Kriegsteilnehmern am südlichen Neuen Weg ein feierlicher Empfang bereitet. So etwa nach den Befreiungskriegen gegen die französischen Besatzung im Jahre 1816.[9] Spätestens zu dieser Zeit und noch spät in das 20. Jahrhundert hinein war es üblich, dass die jüngeren Bürger den südlichen (von der Osterstraße aus gesehen rechten) Bürgersteig nutzten, während jener auf der anderen Seite den älteren Herrschaften vorbehalten war. Umgangssprachlich nannte man diesen daher auch spöttisch Ollwievenpadd (Altweiberpfad).[10]

Im Herbst 1949 entbrannte ein Streit um die Zukunft des Neuen Wegs. Hintergrund war das sich immer weiter verschärfende Verkehrschaos, insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten. Bemängelt wurden vor allem die parkenden und haltenden Fahrzeuge, die den Verkehrsfluss störten. Die Kaufmannschaft war zwiegespalten. Einerseits störten sie sich auch an dem Chaos, andererseits wollten sie ihre Kunden nicht vergraulen, die mit ihren Fahrzeugen oftmals direkt vor dem jeweiligen Geschäft hielten.[11]

Als Norden ab Dezember 1958 endlich einen Anschluss an die Kanalisation bekam, war der Neue Weg einer der ersten Straßen in Norden, in der die Rohre verlegt wurden.[12] In den nächsten Jahren wurden viele historisch wertvolle Häuser entweder gänzlich abgerissen oder durch den Einbau unpassender Elemente, wie beispielsweise umfangreiche Schaufenster - denkmalpflegerisch nachhaltig entwertet. Dieser Trend änderte sich erst in den 1990er Jahren, insbesondere durch Baumaßnahmen der Sparkasse Aurich-Norden, die eine Vielzahl historischer Gebäude aufwendig sanierte oder unter Beachtung des Stadtbildes neu aufbaute.

1988 bis 1989 fanden umfangreiche Bauarbeiten am Neuen Weg statt, um diesen - zunächst provisorisch - zu einer Fußgängerzone zu machen.[13][14] Anfang der 1990er Jahre werden die dafür erforderlichen Baumaßnahmen umgesetzt.[15] Die Fahrbahnbreite wurde erheblich verkürzt, die Fahrbahndecke erneuert und breitere Gehwege geschaffen. Die Straße ist seitdem für den allgemeinen Kraftfahrzeugverkehr gesperrt.[13] Mehrere erhaltenswerte Gebäude wurden mit maßgeblicher Unterstützung der Sparkasse Aurich-Norden saniert.[16] Andere fielen dem Wahnsinn der Altstadtsanierung zum Opfer.

Gebäude und Plätze

Der Neue Weg ist die wichtigste Einkaufsstraße Nordens und von zentraler Bedeutung. Hier finden sich eine Vielzahl der unterschiedlichsten Geschäfte, Restaurants und Hotels. Dazu kommen einige Betriebe, Praxen, Kanzleien und sonstige Einrichtungen. Alle Gebäude werden zumindest im Erdgeschoss gewerblich genutzt, darüber befinden sich in der Regel Wohnungen. Auch eine Schule befand sich hier einst: Die Neuweger Schule. Bis zum Bau der Alten Mühlenbrücke war der Neue Weg an sich eine Sackgasse, führte aber nach Osten zur Brückstraße und nach Westen zur Dammstraße weiter.

Eine Vielzahl der Gebäude am Neuen Weg stammt im Kern noch aus dem 16. Jahrhundert. Diese wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts jedoch oftmals großer Umgestaltung unterworfen oder sogar gänzlich abgerissen und durch nichtssagende Zweckbauten ersetzt. Bei den meisten, noch erhaltenen Gebäuden aus dem 16. Jahrhundert ist zumindest das Obergeschoss in einem weitestgehend originalgetreuen Zustand, während das Erdgeschoss zumeist durch Schaufensterfronten oder andere Einbauten verändert wurden.

Markant beim Neuen Weg ist die sehr enge Bebauung mit vergleichsweise schmalen Häusern, die jedoch ungewöhnlich lang nach hinten gestreckt sind. Während der vordere Teil Wohn- und Geschäftszwecken diente, befanden sich im hinteren Gebäudeteil zumeinst Lagerräume (sogenannte Speicher). Dieser Umstand war Ausfluss dessen, dass sich möglichst viele Menschen nach dem oben beschriebenen Brand im 16. Jahrhundert an der prosperierenden Straßen ansiedeln wollten, der Weg aber nach Süden hin durch das Norder Tief in seiner Länge begrenzt war. Eine Ausnahme dieser typischen Bebauung bildet der Speicher de Hoop, der sich nicht hinter einem Hauptgebäude befindet, sondern unmittelbar an der Straße.

Ebenso charakteristisch für das Straßenbild waren einst die zahlreichen Treppen mit Eisengeländern, die die Straße mit den höher gelegenen Eingängen verband.[17] Sie waren wohl ursprünglich angelegt worden, um einerseits die Eingänge besser vor Überschwemmungen zu schützen (es gab noch keine Kanalisation und beispielsweise bei der Weihnachtsflut 1717 trat das Wasser bis in den Neuen Weg) und andererseits den eigenen Wohlstand und die Erhabenheit zu präsentieren.

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 16
  2. 2,0 2,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 118
  3. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 93
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Schreiber, Gretje (1995): Norder Häuser (I), Die Bewohner des Neuen Weges, in: Ostfriesischer Kurier, vom 19./20. August 1995, S. 9
  5. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 108
  6. Brückner, Annemarie / Gerdes, Edo (1984): So war es damals. Bilder aus dem alten Norden, Leer, S. 42
  7. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 241
  8. Haddinga, Johann (1988): Stunde Null. Ostfrieslands schwerste Jahre, Norden, S. 119
  9. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 57
  10. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 108
  11. Ostfriesischer Kurier (1999): Von der Kaiserzeit bis zur Gegenwart (Sonderdruck), Norden, S. 48
  12. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 67
  13. 13,0 13,1 Kurzfassung der Norder Stadthistorie, abgerufen am 5. Februar 2021
  14. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 331
  15. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 85
  16. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 94
  17. Dorsch, Thomas / Wenz, Martin (2003): Norden / Ostfriesland. Denkmalpflegerische Zielplanung für Osterstraße und Neuen Weg, Hameln, S. 6

Siehe auch