Polizeiordnung

Aus Norder Stadtgeschichte
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Eine Polizeiordnung ist eine von einem Stadt- oder Landesherren sowie sonstigen Autoritäten erlassene Verordnung zur Regelung öffentlich-rechtlicher Normen. Sie befassen sich mit der öffentlichen Ordnung (Kleidung, Hochzeiten, Spielleute, Bettler, Wucher) und enthielten Regelungen zum Wirtschafts- und Arbeitsrecht (Handel, Maße, Gewichte und Preise). Zum Teil enthielten die Polizeiordnungen auch Feuerwehr-, Gerichts- und Prozessordnungen. Es wurde zwischen Reichspolizei- und Stadtpolizeiordnungen unterschieden, wobei die Reichspolizeiordnungen vom König erlassen wurden, die Stadtpolizeiordnungen vom Stadtherrn. Ebenso erließen die Territorialfürsten entsprechende Ordnungen.

Der Zweck der Polizeiordnungen war stets die öffentliche Ordnung des sozialen Lebens und der Wirtschaft. Sie waren in erster Linie Führungsinstrumente und Ausdruck der Konsolidierung der Staatsmacht und trugen somit zur Formung des Staatswesens bei. Selbst noch in der Phase des aufgeklärten Absolutismus erschienen sie als Gesetzesbefehl des Fürsten, der seinen Untertanen den Geist des Gehorsams empfahl.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden für die Stadt Norden mehrere Polizeiordnungen erlassen.

Polizeiordnung von 1535 (Instituta Nordana)

Als erste bekannte Polizeiordnung Nordens gilt die von Enno II. Cirksena erlassene Instituta Nordana. In dieser wurden bestimmte Hoheitsrechte und Privilegien, unter anderem der Kaufleute und Gewerbetreibenden, geregelt und Norden erstmals als Stadt im Stile einer Verfassung charakterisiert. Auch wurden das Justiz- und das Polizeiwesen vom Amt Norden auf die Stadt übertragen. Fortan waren Wachtmeister mit den polizeilichen Aufgaben betraut. Gestellt wurden diese Positionen aus den Reihen entsprechend beauftragter Stadtdiener. Diese Polizeiordnung wird auch als Stadtordnung bezeichnet, was in der früheren Ausgestaltung des Begriffs Polizei begründet liegt (siehe oben).

Zu den in der Verordnung niedergeschriebenen Verpflichtungen der Kaufleute und Händler zählte, dass die auf dem Marktplatz von ihnen feilgebotenen Waren nur dort und nur zu bestimmten Zeiten angeboten bzw. verkauft werden durften.[1] Die Überwachung dieser Vorschrift oblag den Gerichtsdienern. Diese hatten auch dafür zu sorgen, dass weder Gerste noch Roggen ausgeführt wurden, da diese zur Grundversorgung der Bevölkerung zu wichtig waren.[2]

Polizeiordnung von 1545

Gräfin Anna erließ im Jahre 1545 eine Polizeiordnung, in der auch das Gerichtswesen von Ostfriesland neu geregelt wurde. Darin wurden der Hofkanzlei neben Verwaltungsaufgaben noch ausgeprägtere Rechtsprechungskompetenzen zugesprochen. Speziell dafür ernannte Räte und Gelehrte bildeten nun das Kanzleigericht. Es wurde in zweiter oder dritter Instanz tätig, stellte jedoch für die Hofbediensteten und den Adel auch die erste Instanz dar.

Ebenso wurde mit dieser Verordnung erstmalig eine allgemeine Schulpflicht für Kinder ab dem 6. Lebensjahr angeordnet. Wörtlich heißt es in der Verordnung:

"[...] Wor ock de Oldern mit Kindern beladen, de vyf offte säß Jahr oldt sindt, tho der Scholen gesettet werden, dat die den Geloven, die teihn Gebade Gades und dat Vader Unse lehren: so die Oldern dajegen streven, und nicht wolden, schölen van de Borgemesteren und Amt-Luiden, so ghy ohne dat verstendigen, darhen gedrungen werden, und dat Schol-Geld, so denn die Oldern so vermögen nicht sind, ghy vor de schölen uht geven [...]."

Übersetzt bedeutet dies:

"[...] Wenn Eltern Kinder haben, die 5 oder 6 Jahre alt sind, sollen sie zur Schule geschickt werden, damit sie den Glauben der zehn Gebote Gottes und das Vater Unser erlernen. Falls die Eltern dies verbieten wollen, sollen sie durch den Bürgermeister und die Amtmänner dazu gezwungen werden. Sollten die Eltern das Schulgeld nicht aufbringen können, wird ihnen das Schulgeld erstattet. [...]"

Dies führte jedoch auch dazu, dass weiterhin die Kirchen überwiegend für das Schulwesen zuständig waren und das Schulprogramm entsprechend der christlichen Lehre erfolgen durfte. Eine Ausnahme hiervon bildete die Lateinschule.

Polizeiordnung von 1874

Im Mai 1874 erließ der Norder Magistrat eine neue Polizeiordnung, in der das Betreten von Rasenflächen oder das Verrichten der Notdurft in der Öffentlichkeit unter Strafe gestellt wurden. Bei Zuwiderhandlungen wurde Geld- oder gar Haftstrafe angedroht. Auch sonst wurden die typisch preußischen Tugenden über Zucht und Ordnung in Ostfriesland vollends gepflegt. Im September 1885 wurde ein gerade einmal elf Jahre altes Mädchen angezeigt, nachdem sie sich an eine eiserne Viehstange auf dem Blücherplatz gehängt hatte. Im Polizeibericht heißt es, dass sie "in schamloser Weise" geturnt habe, "so daß ihr die Röcke und Kleider über den Kopf geflogen sind und die Passanten ein Ärgernis genommen haben."

Einzelnachweise

  1. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 16f.
  2. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 251

Siehe auch