Reederei Frisia

Aus Norder Stadtgeschichte
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Reederei Frisia

Basisdaten
Gründung 1871 (seit 1917 als AG)
Auflösung -
Rechtsform Aktiengesellschaft (AG)
Hauptsitz Mole Norddeich 1

26506 Norden

Die Aktiengesellschaft Reederei Frisia ist die größte Norder Reederei. Sie hat ihren juristischen Sitz auf Norderney, verfügt jedoch über einen großen Nebensitz in Norddeich, unmittelbar am Molenkopf. Neben ihrem Kerngeschäft, dem regulären Personen-, Fahrzeug- und Güterverkehr, betreibt die Reederei auch einen Flugplatz und ist an der Versorgung der Offshore-Windparks in der Nordsee beteiligt.

Geschichte

Nachdem Norderney durch den Adel und die gehobenen Bevölkerungsschichten als Ausflugsziel für die Sommerfrische entdeckt wurde, erhielt die Insel 1797 als erste den Titel eines deutschen Nordseebades. Trotz dieses für den Fremdenverkehr äußerst prestigeträchtigen Titels blieb der große Andrang aus, denn die Anreise gestaltete sich nach wie vor schwierig. Schiffe legten nur von Bremen und Hamburg ab und erreichten Norderney manchmal erst nach Tagen und nur über die Insel Helgoland.

Ab 1843 wurde Norderney auch von Emden und Leer aus mit großen Dampfschiffen angefahren. Die von Norddeich ablegenden Schiffe waren bis dato reine Segelschiffe, die wenig komfortabel und daher völlig ungeeignet für die betuchten Herrschaften waren, die Norderney zu besuchen planten. Zudem waren die Segelschiffe von geeigneten Witterungsverhältnissen abhängig.

Im Juni 1871 beschlossen 23 Bürger aus Norden und Norderney, die Dampfschiffsrhederei Norden zu gründen, um einen regulären Schiffsverkehr mit geeigneten Schiffen zu gewährleisten. 1872 wurde das erste Dampfschiff in Dienst gestellt. Als Anleger diente eine befestigte Landungsbrücke, die sogenannte Schlenge. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten namhafte Persönlichkeiten wie der Norder Bürgermeister Johann Hillern Taaks, der Brauereibesitzer Hermann ten Doornkaat Koolman, der Zichorienfabrikant Enno Oldewurtel sowie der wohlhabende Kaufmann und Großgrundbesitzer Sicco Theodor van Hülst.[1]

Aufgrund anfänglicher Schwierigkeiten in der Aufrechterhaltung eines geordneten Schiffsverkehrs, insbesondere durch strenge Winter und einer damit einhergehenden Vereisung der Fahrrinnen, kam Unmut bei den Norderneyern auf. Diese gründeten daraufhin im Jahr 1893 die Norderneyer Dampfschiffsrhederei Einigkeit. Nach einem scharfen Konkurrenzkampf entschieden sich beide Unternehmen zu einer Zusammenarbeit. Probleme bereitete auch der Transport der Fährgäste vom Norder Bahnhof zum Fähranleger, da die Bahnstrecke bis 1893 nur bis nach Norden reichte und erst danach bis nach Norddeich ausgebaut wurde. Zuvor mussten die Fahrgäste aufgrund der wenigen Verbindungen oftmals nach der langen Zugreise in einem der zahlreichen Norder Gasthäuser übernachten. Nach dem Ausbau der Bahnstrecke setzte die Reederei dann ausrangierte Linienwagen ein, die von einer Speditionsfirma in Bremen angekauft wurden.[1]

Undatierte Aufnahme eines Dampfschiffs der Reederei.

1906 entbrannte der Konkurrenzkampf erneut, als die Neue Dampfschiffs-Reederei Frisia ihren Betrieb aufnahm. Nachdem die Norderneyer Dampfschiffsrhederei Einigkeit liquidiert wurde, schlossen sich die Dampfschiffsrhederei Norden und die Neue Dampfschiffs-Reederei Frisia zusammen und bildeten ab 1909 eine Betriebsgemeinschaft, die schließlich 1917 in der Aktiengesellschaft Reederei Norden-Frisia aufging. 1920 wurde die Reederei Juist übernommen. 1922 wurde die erste Motoren- und Maschinenwerkstatt erworben und der Fuhrpark erweitert. Den Ersten Weltkrieg überstand die Reederei relativ glimpflich, nur eins der neun damals eingesetzten Schiffe wurde im Kattegat von der Entente versenkt, ein weiteres Schiff musste 1919 ausgemustert werden.[2] Während des Kriegs schickte die Reederei die Frisia II auf Fischfang, um der sich verschärfenden Nahrungsmittelknappheit zu begegnen.[3]

1923 trat Carl Stegmann in den Aufsichtsrat ein, wechselte 1929 in den Vorstand, dessen Vorsitzender er über drei Jahrzehnte blieb, um dann 1960 wieder in den Aufsichtsrat einzutreten, dem er bis zu seinem Tode angehörte. Nach seinem Tode wurde auf Juist die Carl-Stegmann-Straße nach ihm benannt. Bis heute ist der Name Stegmann untrennbar mit der Frisia verbunden. 1928 nahm die Reederei ihren letzten Dampfer in Betrieb. Die 600 PS starke Frisia I mit einer Kapazität von 800 Personen avancierte zum Flaggschiff der Reederei, bis es 1966 auf einer Abwrackwerft endete. Ab 1929 wurden schließlich nur noch motorbetrieben Schiffe eingesetzt. Geordert wurden diese regelmäßig bei der Papenburger Meyer-Werft. In den Folgejahren kamen immer mehr Passagiere mit Kraftfahrzeugen nach Norddeich, weshalb die Reederei 1930 ihre erste Großgarage erbaute. 1934 folgte eine weitere Hallengarage, die bald darauf auf 300 Stellplätze ausgebaut wurde.[2]

Bis zum Zweiten Weltkrieg verfügte die Reederei über drei Raddampfer, zwei Fahrgastschiffe und drei Frachtschiffe. Zu Kriegszeiten wurden die drei Raddampfer (Frisia IV, VIII und IX) sowie eines der Frachtschiffe (Frisia X) von der Kriegsmarine beschlagnahmt und als Minenräumschiffe genutzt; sie gingen teilweise verloren. Nach Kriegsende übernahmen die Briten kurzzeitig den Inselverkehr, bis die Reederei im Spätsommer 1945 wieder ihren Betrieb aufnehmen konnte. Die Briten waren es, die erstmals auch Kraftfahrzeuge statt nur Personen und Waren auf die Inseln transportierten. Bei vielen Besuchern und Insulaner stieg dadurch das Interesse, auch ihr eigenes Kraftfahrzeug mit auf die Inseln zu nehmen. Insbesondere mit dem verstärkt aufkommenden Kraftfahrzeugverkehrs infolge des Wirtschaftswunders wurde der Handlungsdruck auf die Reederei schließlich so groß, dass man 1962 die erste kombinierte Personen-Autofähre in Dienst stellte. In der frühen Nachkriegszeit setzte man die Frisia V auch für den Fischfang ein, da die Versorgung der Bevölkerung sich, wie schon zu Zeiten beider Weltkriege, als sehr schwierig erwies.[3]

Ein Kapitän der Reederei begrüßt ankommende Passagiere an Bord seines Schiffes (um 1930).

1960 baute die Reederei das neue Verwaltungsgebäude am Molenkopf. 1969 erweiterte sie ihr Angebotsspektrum um den Luftverkehr. Hierfür errichtete sie einen Flugplatz am Westerlooger Strohweg. Ein Jahr später wurde das Tochterunternehmen Frisia Luftverkehrs GmbH gegründet, die den Flugplatz und -verkehr seitdem betreibt. 1972 wurde dann auch in Norddeich und auf Norderney die Fahrzeugrampe errichtet. Die Fahrzeuge mussten nun nicht mehr per Kran auf die Schiffe gehievt werden, sondern konnte die Fähren direkt befahren.[2]

Im Laufe der 1980er Jahre ließ die Reederei die gesamte Flotte erneuern oder umbauen und Mitte der 1990er Jahre abermals modernisieren. Mit der Frisia IV stellte das Unternehmen im April 2002 erstmals eine Doppelendfähre in Dienst. Diese brauchte im Hafen nicht mehr zu wenden und konnte in beide Richtungen fahren.

Am 11. März 2003 wurde die Frisia VIII an die Reederei Coonatramar in Puntarenas, Costa Rica, verkauft und überführt. Die rund 5600 Seemeilen lange Überführungsfahrt von der Nordsee über Atlantik (via Gran Canaria) legte das Schiff aus eigener Kraft inklusive einer zweitägigen Wartezeit am Panamakanal in 28 Tagen zurück. Dafür wurde das Schiff, welches mit geringem Tiefgang für flache Seegebiete ohne hohe Wellen gebaut worden war, in Hamburg umgebaut. Dabei wurden zusätzliche Treibstofftanks auf der Ladefläche befestigt und die Bullaugen über der Wasserlinie zugeschweißt. In Costa Rica fährt die ehemalige Frisia VIII seitdem unter dem Namen San Lucas II.

Seit 1998 wickelte die AG Reederei Norden-Frisia für die Gemeinde Norderney die Abführung der Kurtaxe eines jeden Inselbesuchers, der die Fährüberfahrt von Norddeich-Mole nach Norderney in Anspruch nimmt, durch unabdingbare Kombination des Fährtickets mit der Kurkarte (NorderneyCard) ab. Damit ist ein Inselbesuch mit einer Frisia-Fähre – unabhängig von der Inanspruchnahme von Kurleistungen – ohne Entrichtung der Kurabgabe nicht mehr möglich. Einige Jahre später wurde dies auch für Juist umgesetzt.

2009 errichtete die Reederei den großen Inselparkplatz an der Umgehungsstraße. Hierdurch erwirtschaftet das Unternehmen einen nicht unerheblichen Teil seiner Einnahmen.

Mit dem 2018 gegründeten Töwerland Express erhielt die Frisia erstmals seit über 100 Jahren erstmals wieder Konkurrenz. Die neue Firma nutzte eine Lücke in der Passagierbeförderung per Schiff nach Juist. Aufgrund niedrigen Fahrwassers konnte die Reederei Frisia mit ihren großen Schiffen und deren zu großem Tiefgangs die Insel nur ein bis maximal zwei Mal am Tag ansteuern. Besucher, die außerhalb dieser geringen Fahrtzeiten nach Juist wollten, mussten ein kostenintensives Flugticket erwerben. Der Töwerland Express jedoch setzte auf kleine Schnellboote, die auch bei Niedrigwasser fahren konnten. Preislich lagen die Tickets zwischen einem normalen Fährticket und einem Flugticket. Diesen Umstand ließ sich die Reederei Frisia nicht lange gefallen und erwarb im Sommer 2020 ebenfalls eine Schnellfähre, die vom Tochterunternehmen Cassen-Tours GmbH betrieben wird. Die Schnellfähre Inselexpress 1 besteht aus Aluminium und bietet Platz für maximal elf Passagiere.[4]

Seit 2018 betreibt die Reederei auch eine Versorgungslinie für den Offshore-Bereich. 2021 feierte sie ihr 150-jähriges Bestehen.

Katamaran

Eine 1999 gestartete, eigene Katamaran-Schnelllinie wurde 2006 wieder eingestellt, da die Betriebskosten sich als zu hoch erwiesen.[2]

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 160
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Ostfriesischer Kurier vom 31. Juli 2021, S. 3
  3. 3,0 3,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 168
  4. Jann, Timo (2020): Norden-Frisia mit Inselexpress. Aluminiumboote für elf Passagiere kommen von und nach Juist zum Einsatz. In: Täglicher Hafenbericht vom 21. Juli 2020, S. 3

Quellenverzeichnis

  • Andryszak, Peter (2009): Frisia: Offshore Versorgung. In: Deutsche Seeschifffahrt, S. 12–17
  • Internetseite der Reederei Frisia, abgerufen am 22. Februar 2021
  • Schiffsdatenbank der Reederei Frisia

Siehe auch