Stadtrat

Aus Norder Stadtgeschichte
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Stadtrat

Basisdaten
Gründung 13. Juni 1946 (1602)
Auflösung -
Rechtsform Politisches Organ
Hauptsitz Am Markt 15

26506 Norden

Der Rat der Stadt Norden ist das politische Kollegialorgan Nordens und die gewählte Vertretung der Bürgerinnen und Bürger der Stadt. Seine Mitglieder werden Ratsherren und Ratsherrinnen bzw. Ratsfrauen (früher: Senatoren) genannt.

Bis zur Neuen Deutschen Gemeindeordnung (1935) gab es neben dem Senat noch ein gleichberechtigtes Bürgervorsteherkollegium. Dessen Mitglieder wurden dementsprechend Bürger(schafts)vorsteher genannt.

Geschichte

Die Gründung des Norder Stadtrates geht wohl auf eine Neuordnung der Stadtverfassung vom 20. Dezember 1601 unter Graf Enno III. zurück, der die Einrichtung eines Stadtrates mit sechs Mitgliedern nebst dreier Bürgermeister vorsah.[1] Dieses Kollegium aus Stadtrat und Bürgermeister wurde Magistrat genannt. Mit der Institutionalisierung kam Enno III. einer ab 1611 eingetretenen Pflicht zuvor; in diesem Jahr kommt es zu einem erheblichen Machtverlust durch den sogenannten Osterhusischen Akkord, bei der der Graf einen großen Teil seiner Macht an die ostfriesischen Stände abtreten musste.[2] Die Anzahl der Stadträte hat sich bis mindestens 1744 nicht geändert.[3]

Die Stadträte wurden von der Bürgerschaft gewählt. Vakante Stellen wurden jedoch oftmals durch Landesherren neubesetzt, was nicht selten zu heftigen Diskussionen führte. Das Amt des Bürgermeisters wurde jährlich neu vergeben, ebenso schieden jährlich zwei Ratsherren aus, zunächst durch das Los, später der Reihe nach.[4]

Unter den Ratsherren wurden die Aufgaben vergeben. Es gab zwei Kämmerer, die für die städtischen Finanzen verantwortlich waren und jeweils am 6. Januar eines Jahres die Finanzen vor dem Drost und dem Magistrat offenlegen mussten. Zwei Baumeister kümmerten sich um die Aufsicht über die städtischen Gebäude, Straßen, Wege, Wasserleitungen und sonstiges. Auch waren sie für die Stadtwaage zuständig.[4] Diese Aufgaben hatten sie von den Schüttemeistern übernommen. Die anderen beiden Ratsherren saßen still, hielten sich also zur besonderen Verfügung.[3]

Die preußische Regierung ordnete mit einem Dekret vom 15. Oktober 1750 die Reduzierung der Ratsherrenstellen an. Starb ein Ratsherr, wurde seine Stelle nicht mehr nachbesetzt, bis die Zahl schließlich drei betrug, die fortan gehalten wurde. Auch die Anzahl der Bürgermeister wurde auf zwei reduziert, die zudem dauerhaft feste Aufgaben bekamen.[5] Im Zuge einer erneuten Reform stieg die Zahl der Ratsherren ab dem 1. Januar 1828 wieder auf 12 an.[6]

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Stadtrat faktisch entmachtet, schon vor 1933 hat die NSDAP eine große Mehrheit im Rat und durch gewaltsame Verfolgung der Sozialdemokraten (SPD) und Kommunisten (KPD) können diese ihr Mandat spätestens ab 1933 faktisch nicht mehr ausüben.[7] Ab 1934/1935 wurde das demokratisch gewählte Bürgervorsteherkollegium faktisch entmachtet und abgeschafft. Die Mitglieder des Stadtrates werden nun auf Vorschlag des NS-Gauleiters Weser-Ems vom Auricher Regierungsbezirkspräsidenten eingesetzt. Ein Jahr später wird auch der Bürgermeister durch die Machthaber eingesetzt und nicht mehr gewählt.[8]

Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Rat am 1946 unter der britischen Militärregierung seine Arbeit wieder auf, ehe er ab 1955 mit dem Erlass der Niedersächsischen Gemeindeordnung endgültig eine neue, offizielle Legitimiät erhielt. Seitdem hat sich seine Praxis der Zusammensetzung bis heute im Wesentlichen erhalten. In der frühen Nachkriegszeit war der Stadtrat vor allem damit beschäftigt, den überall herrschenden Mangel entgegenzuwirken, was aufgrund der äußeren Gesamtumstände nur schwer möglich war.[9][10] Die ersten Ratsherren der Nachkriegszeit waren der Reeder Carl Stegmann, der Teefabrikant Bernhard Behrends, der führende Norder Kommunist und Maurer Anton Casjens sowie der spätere Bürgermeister Johann Fischer. Da sich Behrends und Stegmann jedoch bereits in der ersten bzw. konstituierenden Sitzung am 13. Juni 1945 zerstritten, bestand der Stadtrat aus nur drei Personen, ehe Stegmann im September des Jahres wieder an den Sitzungen teilnahm.[10] In ihrer ersten Sitzung beschließen die Ratsherren die Aufarbeitung der Vorfälle vom 3. Mai 1933, als die Nationalsozialisten mehrere Sozialdemokraten im Gasthof Zur Börse misshandelten.[10][11] Auch die Geschehnisse der Reichspogromnacht, insbesondere der Brand der Synagoge wurden zum Thema gemacht.[10]

Parallel zum Stadtrat existierte seit dem 19. Dezember 1945 ein größeres, von den Briten eingeführtes Gremium: Das Stadtparlament. Es setzte sich aus einer von der britischen Militärregierung zusammengesetzten Auswahl von nationalsozialistisch unbelasteten Personen zusammen. Das Parlament vertrat die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, die Kommunistische Partei Deutschlands, die Deutsche Union, die Gewerkschaften, den Kaufmännischen Verein und einen auf Kreisebene tätigen Beratungsausschuss. Insgesamt bestand dieses Parlament aus 22 Personen.[10] Ab 1949 wurden Stadtparlament und Stadtrat unter letztgenanntem Begriff wieder vereint.

Bürgervorsteherkollegium

Das Bürgervorsteherkollegium war im Königreich Hannover und später in der preußischen Provinz Hannover der Name für die kommunale Volksvertretung in den Städten.

Im Königreich Hannover bestanden zunächst einzelne kommunale Ordnungen für die einzelnen Städte, die die Verfassungsurkunde für die Königliche Residenzstadt Hannover, in der bereits ein Bürgervorsteherkollegium als Kommunalparlament geregelt war. Nach der Märzrevolution wurde die Kommunalverfassung im Königreich Hannover mit der Städteordnung für das Königreich Hannover vom 1. Mai 1851 einheitlich und neu geregelt. $$ 82 ff. regelten die Bürgervorsteher (die Stadtverordneten) und das Bürgervorsteherkollegium. Das Bürgervorsteherkollegium setzte sich aus 8 bis 24 Bürgervorstehern zusammen. Die Größe der Bürgervorsteherkollegium konnte die Stadt selbst durch Satzung festlegen. Es bestand Wahlpflicht. Wahlberechtigt waren Männer ab dem 25. Lebensjahr, die in der jeweiligen Stadt ihren Wohnsitz hatten und dort über Grundbesitz oder Steuern von mindestens 2 Reichstalern und 16 Groschen zahlten (Zensuswahlrecht). Die Wahldauer betrug 6 Jahre. Alle zwei Jahre wurde ein Drittel der Mitglieder neu gewählt. Die Wahl erfolgte in geheimer, direkter Wahl.

Das Bürgervorsteherkollegium hatte das Budgetrecht bezüglich der städtischen Mittel und die Aufgabe, den Magistrat bezüglich des Finanzgebahrens zu überwachen. Er war bei Kreditaufnahme und Immobiliengeschäften heranzuziehen. Legte der Magistrat dem Bürgervorsteherkollegium andere Vorlagen vor, so mussten diese durch das Bürgervorsteherkollegium entschieden werden. Das Bürgervorsteherkollegium wählte aus seiner Mitte den Vorsitzenden (Wortführer) und dessen Stellvertreter. Auch nach der Annexion des Königreichs durch Preußen wurde der traditionelle Name Bürgervorsteherkollegium für die Stadtverordnetenversammlung weitergeführt.

In ihrer ursprünglichen Form sah die 1818 eingeführte Ordnung für sämtliche Städte der preußischen Monarchie eine strikte Gewaltenteilung zwischen dem Kollegialorgan Magistrat, der aus dem Bürgermeister sowie haupt- und ehrenamtlichen Beigeordneten besteht und die Verwaltung der Stadt darstellte, und der Stadtverordnetenversammlung, die aus den Stadtverordneten als Vertretern des Volkes bestand und der ein Stadtverordnetenvorsteher vorsaß, vor. Diese Trennung war so strikt, dass die Mitglieder des Magistrats als Ehrenbeamte oder Wahlbeamte nicht gleichzeitig Mandatsträger in der Stadtverordnetenversammlung sein durften. Ursprünglich sollten Magistrat und Stadtverordnetenversammlung gleichrangig sein; kein Organ sollte bedeutender als das andere sein.

Ursprünglich wurde der Bürgermeister in der Magistratsverfassung von der jeweiligen Gemeindevertretung gewählt (vor 1933 bedurfte es sogar des Konsenses zwischen Magistrat und Stadtverordnetenversammlung). Allerdings durften anfangs nur besitzende, männliche Bürger die Stadtverordneten wählen. Die Magistratsverfassung wurde in nur wenigen Staaten des Deutschen Bundes rezipiert (wenn auch mit unterschiedlichen Wahlverfahren, z. B. Zwei-Klassen-Wahlrecht in Kurhessen oder Drei-Klassen-Wahlrecht in der preußischen Rheinprovinz); so galt sie sinngemäß ab 1832 auch in Sachsen für die Städte und in Kurhessen ab 1834 sowohl für Städte und Gemeinden. Erst nach dem Untergang des Deutschen Bundes 1866 und der Annexion Hannovers, Kurhessens und Nassaus wurde die Magistratsverfassung Mitte der 1880er Jahre auch in den meisten Provinzen der preußischen Monarchie eingeführt.

Aufgaben

Der Stadtrat ist keine Behörde im institutionellen Sinne, da die Stadt im Ganzen eine solche ist. Er entscheidet über die Verwaltung der Stadt, soweit Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft (eigener Wirkungskreis) oder Angelegenheiten, die das Gesetz den Gemeinden zur Besorgung im Auftrage des Staates zuweist, betroffen sind und nicht der Bürgermeister zuständig ist. Der Stadtrat beschließt innerhalb des Aufgabenkreises der Stadt über Angelegenheiten, die nicht laufend anfallen und grundlegende Bedeutung haben oder erhebliche Verpflichtungen für die Stadt beinhalten.

Der Stadtrat überwacht den Bürgermeister und die städtische Verwaltung, insbesondere die Ausführung seiner Beschlüsse. Die Dienstaufsicht über die Bediensteten der Stadt obliegt dem Bürgermeister; Art und Ausmaß dieser Zuständigkeit legt der Stadtrat in der Geschäftsordnung fest. Der Bürgermeister führt die Beschlüsse des Stadtrates aus. Die Beschlüsse sind keine Verwaltungsakte, sondern stellen eine interne Willensbildung dar. Eine Ausnahme hiervon bilden Beschlüsse, die keines Umsetzungsaktes bedürfen, zum Beispiel eine Straßenumbenennung.

Zur Aufgabenbewältigung teilt sich der Stadtrat in verschiedene Ausschüsse, die sich mit bestimmten Themen befassen, so beispielsweise der Bau- und Sanierungsausschuss, der Finanz- und Personalausschuss oder der Tourismus- und Wirtschaftsausschuss. Dieses Prinzip hat sich praktisch seit 1601 nicht geändert.

Fraktionen

Seit der Kommunalwahl am 11. September 2016 besteht der Rat der Stadt Norden aus 34 Ratsfrauen und Ratsherren. Hinzu kommt der Bürgermeister, der kraft Gesetzes automatisch Mitglied des Rates ist.

Fraktion Anzahl der Sitze Fraktionsvorsitz
SPD Norden 13 Julia Feldmann
CDU Norden 10 Wolfgang Sikken
ZoB 4 Eckhard Lüers
Bündnis 90/Die Grünen 3 Helmut Fischer-Joost
Gruppe vor der Brüggen/Feldmann 2 Rainer Feldmann
FDP Norden 2 Keven Janssen

Trivia

Während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2021 tagte der Stadtrat in der Sporthalle Wildbahn, um die pandemiebedingt erforderlichen Mindestabstände einhalten zu können.

Einzelnachweise

  1. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 53
  2. Biographisches Lexikon für Ostfriesland: Enno III.
  3. 3,0 3,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 27
  4. 4,0 4,1 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 57
  5. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 76
  6. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 84
  7. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 29
  8. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 35
  9. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 244
  10. 10,0 10,1 10,2 10,3 10,4 Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 51
  11. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 23

Quellenverzeichnis

Siehe auch