Tidofeld

Aus Norder Stadtgeschichte
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Tidofeld

Wappen
Basisdaten
Höhe 0,7 - 1,3 m ü. NN
Fläche 0,468 km²
Einwohner 927 (31.12.2021)
Gründung 1614
Eingemeindung 20. September 1952
Bevölkerungsdichte 2028 Einwohner/km²
Karte Tidofeld.png

Tidofeld ist seit 1996 ein eigenständiger Ortsteil und hat rund 927 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2021), die sich auf einer Fläche von lediglich 0,47 km² verteilen. Der Ort hat damit die mit Abstand höchste Bevölkerungsdichte von allen Stadtteilen Nordens aufzuweisen, ist aber in der Fläche zugleich der kleinste. Ein Teil der Fläche ist als Gewerbegebiet bzw. Mischgebiet (Wohn- und Gewerbegebiet) ausgewiesen.

Namensherkunft

Der Name geht auf ein um 1614 an dieser Stelle durch Freiherr Tido zu Innhausen und Knyphausen erbautes Schloss gleichen Namens zurück, das in Folge einer Familienfehde im Jahre 1669 wüst fiel und nachfolgend abgebrochen wurde. Weiterhin wird der Ort im Jahre 1787 als Tiedefeld urkundlich vermerkt. 1818 folgt die Bezeichnung Tiedofeld, später kam dann die heutige Schreibweise auf.

Wappen

Tidofeld und Bargebur sind die einzigen Stadtteile, die bis heute keine eigenen Wappen führen. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass sie, anders als die restlichen Stadtteile, niemals eigenständige Gemeinden waren, sondern beide ursprünglich zur (wappenführenden) Gemeinde Lütetsburg gehörten und erst recht spät (1972 und 1952) in die Stadt Norden eingemeindet wurden. Tidofeld wurde überdies erst 1996 ein eigenständiger Stadtteil und gehörte bis dahin unmittelbar zur Kernstadt.

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner
1848 38 *
2008 973
2010 943
2016 991
2020 934
2021 927

* in 5 Häusern

Geografie

Der Ort ist von unterschiedlichen Bodenarten umgeben: Im Osten, Süden und Nordwesten findet sich Plaggenesch (unterlagert von Podsol-Gley) an. Im Norden und Südwesten tangiert Kleimarsch den Ort und im Westen ist Podsol-Grund zu finden.

Im Norden grenzt Tidofeld an Norden, im Osten und im Süden an die Gemeinde Lütetsburg. Im Westen grenzt Bargebur an.

Geschichte

Das namensgebende Schloss Tidofeld.

Tidofeld, dessen Name erst später aufkam, gehörte ursprünglich zu Bauerschaft Bargebur, einem losen Zusammenschluss mehrerer Bauern, die dem Lütetsburger Grafen unterstanden. Das Land auf dem heutigen Tidofeld war seit jeher äußerst dünn besiedelt und bestand, wenn überhaupt, aus einigen wenigen Höfen. Bargebur gehörte, abgesehen von einer kurzen Unterbrechung zwischen 1534 und 1584, seit undenklichen Zeiten zu Lütetsburg. Durch einen Vertrag vom 5. Januar 1584 übergab Edzard aus dem Geschlecht der Manninga, denen damals noch das Schloss Lütetsburg (benannt nach Lütet Manninga) gehörte, Bargebur und andere Ländereien an die bei Wilhelmshaven ansässigen Herren von Innhausen und Knyphausen. 1588 fiel auch Schloss Lütetsburg durch Erbschaft an sie.

Bauarbeiten an einem Wohnblock im Jahre 1955.

Bedeutung erlangte der seitdem so genannte Ort Tidofeld dann im Jahre 1614, als Graf Tido II. von Innhausen und Knyphausen, neuer Herr von Lütetsburg, sich im Ort ein Schloss errichten ließ, das er nach sich selbst und seiner Besitzung Schloss Tidofeld nannte. Das von ihm erbaute Schloss wurde aus abgetragenen Bestandteilen der dem Verfall überlassenen Burg Innhausen in Sengwarden bei Wilhelmshaven errichtet, wurde jedoch bereits 1669 infolge einer Familienfehde zerstört. Die Burgstelle ist noch heute östlich von Westekelbur als sichtbare Erhöhung in der Landschaft sichtbar, ein angrenzender Hof erinnert als Tidofelder Burgen- und Schlickplaats ebenfalls daran. Auch das 1995 entstandene Neubaugebiet, manchmal auch der ganze Ort, werden vereinzelt als Burg Tidofeld bezeichnet.

Luftaufnahme des Ortes aus der Zeit um 1970.

Annähernd 270 Jahre passierte nun nicht viel in dem kleinen, beschaulichen Ort. Dies änderte sich schlagartig mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten und ihrer das ganze Reich umfassende Aufrüstungspolitik. 1938 errichtete die Wehrmacht ein Ausbildungs- und Durchgangslager im Süden von Tidofeld, hier waren im Laufe der nächsten sieben Jahre verschiedene Einheiten der Marine stationiert. Größte Bedeutung erlangte das Areal im November 1944, als hier das Quartier des Kommandanten der Seeverteidigung Ostfriesland eingerichtet wurde. Einziger Offizier in dieser Position war Admiral Kurt Weyher (1901 - 1991), dem sämtliche Marineeinheiten von Emden bis Wilhelmshaven (teilweise auch Küstengebiete in den Niederlanden) nebst der ostfriesischen Inseln unterstanden. Gegen Kriegsende gab Weyher der Norder Obrigkeit entgegen des letzten Befehls des Führers sein Einverständnis für eine kampflose Übergabe der Stadt an die alliierten Truppen. Damit hatte er einen nicht unerheblichen Anteil daran, dass die Stadt den Krieg weitestgehend unbeschadet überstand.[1]

Nach dem Krieg wurde das Kasernengelände in ein Vertriebenenlager umfunktioniert. Es war mit seinen zahlreichen Baracken und Gebäude hierfür geradezu prädestiniert und gehörte schon bald mit insgesamt über 1.000 gleichzeitig dort wohnenden Menschen zu den größten Lager innerhalb der Grenzen der heutigen Bundesrepublik. Die Verwaltung des Lagers wurde der Stadt Norden vom Landkreis Norden übertragen, da die kleine Gemeinde Lütetsburg mit ihrer ehrenamtlichen Verwaltung hierfür nicht in der Lage gewesen wäre. Die Stadtverwaltung äußerte diesbezüglich Bedenken, da eine Übernahme der Baracken auch dazu führen würde, dass der Stadt mehr Flüchtlinge und Vertriebene zugeteilt werden würden. Der Landkreis drohte der Stadt daraufhin latent, dass das Lager ansonsten der ausgebombten Stadt Emden zur Nutzung überlassen werden könnte, wodurch Norden wertvoller und dringend benötigter Wohnraum verloren gehen würde.

Die Solidarität im Lager führte war beachtlich und führte gar zum gemeinschaftlichen Bau einer eigenen Kirche, die heute eine Dokumentationsstätte über Flucht und Vertreibung beinhaltet. Noch während der Zeit als Auffanglager für Vertriebene siedelte sich erstmals Industrie im Ort an. Im Februar 1947 eröffnete eine Blechwaren- bzw. Drahtzaunfabrik (Erich Stiebler)[2] in dem großen, heute noch vorhandenen Unterkunfts- bzw. Lazarettgebäude.[3] Hier war auch die Lagerschule untergebracht. Das ständige Hämmern störte den Unterricht ungemein. 1962 zog in das Gebäude die Lingener Wäschefabrik (Lincron) ein, der Schulbetrieb wurde 1970 eingestellt. Seit 1975 wird die Wäscherei von der Behindertenhilfe Norden betrieben.

Von weiterer Bedeutung war die Ansiedlung der aus Schortens (Landkreis Friesland) stammenden Olympiawerke, die hier eine Zweigniederlassung errichten.[4][5] Dieser war jedoch nur eine kurze Existenz beschienen, schon 1983 wurde der Betrieb wieder eingestellt.[6] Heute befindet sich hier das sogenannte Telematikzentrum, das verschiedene Dienstleistungen und Bildungsmöglichkeiten anbietet.

Blick auf die Rheinstraße (1961).
Pfingstrennen des MC Norden (1959).

Da Tidofeld wegen des großen Bevölkerungswachstums seit der Nachkriegszeit von der Stadt Norden verwaltet wurde, wurde es zum 20. September 1952 in die Stadt eingemeindet. Die im Lager wohnenden Menschen verließen die Stadt überwiegend in den frühen 1950er Jahren auf der Suche nach Arbeitsplätzen, vor allem in das prosperierende Ruhrgebiet. Das landwirtschaftlich geprägte Norden hatte per se nicht genügend Arbeitsplätze und schon gar nicht für so viele Neubürger. Die wenigen Lagerbewohner, die nicht fortzogen, blieben teilweise ihrem Ort treu, teilweise siedelten sie in das für ihresgleichen errichtete Neustadt über. Die letzte Baracke wurde indes erst 1964 abgerissen und, wie später auch in der Innenstadt, entstanden im Umfeld vorwiegend große Mehrfamilienhäuser (Wohnblocks) sowie einige Einfamilienhäuser.

In den nächsten Jahren kam es kaum zu erwähnenswerten Ereignissen. Erst als 1995 ein großes Neubaugebiet nördlich der Heerstraße entstand, kam es zu größeren Veränderungen. Wegen der gestiegenen Bevölkerungszahl und nun deutlich dichteren Besiedlung wurde dem Ort im Jahre 1996 der Status eines eigenständigen Stadtteils zuerkannt. Im gleichen Jahr wurde eine Festschrift zum 50-jährigen Bestehen (50 Jahre Tidofeld) veröffentlicht. Das Jahr 1946 nimmt Bezug auf die Sitzung des sogenannten Tidofeld-Ausschusses vom 16. März 1946, der sich mit der Organisation des Vertriebenenlagers Tidofeld befasste. Die Feierlichkeiten dauerten vom 16. bis 18. August 1996 und umfassten neben gesellschaftlichen Zusammenkünften auch eine Besichtigung der ehemaligen Klassenräume der Lagerschule sowie eine große Fotoausstellung im Telematikzentrum.

Bis heute ist Tidofeld der jüngste Stadtteil von Norden und hat heute sowohl eine nicht unerhebliche Bedeutung als Wohn- und Gewerbegebiet.

Bildung

Von 1946 bis 1970 fand der Schulunterricht in der Lagerschule Tidofeld statt. Nach ihrer Schließung wurden die Kinder in die umliegenden Schulen umgeschult. Vor 1946 verfügte Tidofeld über keine eigene Schule, was vor allem an der äußerst geringen Einwohnerzahl vor dem Zweiten Weltkrieg lag. Die schulpflichtigen Kinder gingen in die Gelbe Schule von Lütetsburg. Dies galt auch für die Kinder aus Bargebur, das erst 1972 von Lütetsburg nach Norden eingemeindet wurde.

Wirtschaft und Verkehr

Trotz seiner geringen Größe und Einwohnerzahl befinden sich einige bedeutende Betriebe in Tidofeld. Der größte Arbeitgeber im Ort ist die Behindertenhilfe Norden, gefolgt von den im Telematikzentrum ansässigen Betrieben.

Erwähnenswerte Gebäude

Erhaltene Gebäude

Abgebrochene Gebäude

Galerie

Einzelnachweise

  1. Lohmann, Walter / Hildebrand, Hans (1956): Die deutsche Kriegsmarine 1939 - 1945, Bad Nauheim, S. 3f.
  2. Adressbuch von 1950/1951, S. 210
  3. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 146
  4. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 83
  5. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 148
  6. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 291

Quellenverzeichnis

  • 50 Jahre Tidofeld. 1946-1996 (Festschrift)
  • Beschreibung von Tidofeld auf Norden.de, abgerufen am 29. März 2021
  • Beschreibung von Lütetsburg in der historischen Ortsdatenbank der Ostfriesischen Landschaft
  • Evangelisch-lutherischer Kirchenkreis Norden: Tidofeld 1945-1960, Dokumentationen und Bilder zum Vertriebenenlager Tidofeld
  • Historische Flurnamensammlung der Ostfriesischen Landschaft

Siehe auch