Ölmühle

Aus Norder Stadtgeschichte
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Ölmühle

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Basisdaten
Entstehungszeit 1773
Erbauer Johann Friedrich Janßen
Bauweise Galerieholländer
Erhaltungszustand erhalten (ohne Flügel)
Genaue Lage Ölmühlenweg 30

26506 Norden

Die Ölmühle (auch: Die Vereinigung) befindet sich am nach ihr benannten Ölmühlenweg in Süderneuland II, unmittelbar an der Schnittstelle zwischen Norden und Bargebur. Sie wurde von 1773 bis etwa 1870 als solche und anschließend, bis 1945, als herkömmliche Schrot- und Peldemühle genutzt. Die Ölmühle wurde im amtlichen Gebrauch zudem als Ortsteil der ehemals selbstständigen Gemeinde Süderneuland II geführt. Das gesamte Mühlenensemble steht heute unter Denkmalschutz.

Zeitweise soll es bis zu fünf Ölmühlen innerhalb der heutigen Stadtgrenzen gegeben haben, die auch Ölschlag genannt wurden, das sich wiederum vom Ölschlagen, also der Gewinnung von Öl aus Pflanzen wie Raps, ableitete. Das gewonnene Öl wurde sowohl als günstiger Brotaufstrich als auch zum Beleuchten von Öllampen verwendet. Eine dieser Ölmühlen war wahrscheinlich die nahegelegene Westerroggenmühle, in der die Reformierte Gemeinde Lütetsburg-Norden vor dem Bau der Bargeburer Kirche zeitweise ihren Gottesdienst abhielt. Eine weitere befand sich seit spätestens 1632 am Fräuleinshof.[1]

Geschichte

Am 20. Oktober 1772 erhält eine Interessengemeinschaft die Erlaubnis, im Süden des Bargeburer Wegs eine Ölmühle anzulegen.[2][3] Die Erlaubnis implizierte das Privileg, als einzige Ölmühle in der Umgebung arbeiten zu dürfen, wobei ausdrücklich auch nur ein solcher Betrieb erlaubt wurde.[3] Weiterhin waren die Eigner verpflichtet, unmittelbar ab ihrer Inbetriebnahme das Windgeld (Steuer für den Betrieb einer Windmühle) in höhe von 20 Reichstalern in Gold, zu zahlen.[4]

Im August 1773 war die Fertigstellung geplant. Bauherr war Johann Friedrich Janßen, ein gebürtiger Ostfriese. Dieser hatte offenbar maßgebliche Unterstützung von Amtsverwalter Damm erhalten.[3][4]

Bis 1844 wurde die Mühle als Roßmühle betrieben, ehe mit einer Dampfmaschine ausgestattet wurde.[5] In dieser Zeit wurde auch der - schon lange nicht mehr existente - Schornstein errichtet. Später, am 22. August 1857, schied die Ölmühle aus der Brand-Sozietät (Feuerversicherung) aus. Wahrscheinlich war die Versicherung zu teuer geworden.

Nachdem die Besitzer das Ölschlagen um 1870 eingestellt hatten, wurde die Mühle als windbetriebene Pelde- und Schrotmühle eingerichtet und erhielt den Namen (Die) Vereinigung, weil dort jetzt auch Getreide gemahlen werden konnte. Die ursprüngliche Beschränkung auf den Betrieb als Ölmühle von Seiten der Behörden war offenbar obsolet geworden. In dieser Zeit werden die Interessenten der Oelmühlen Vereinigung mit Senator R. Eiben in Norden genannt.[6] Ursächlich für die Umstellung der Mahlart war die aufkommende Unwirtschaftlichkeit von Ölmühlen, deren Zahl in der Stadt im Jahre 1860 noch fünf betrug. Raps als wichtigster Rohstoff für das Ölschlagen war häufig unsicher im Ertrag.[7]

Seit 1945 ist die Mühle ohne Flügel. Mühlenhaus und -rumpf werden seitdem privat für Wohnzwecke genutzt.[6] Letzte Eigentümer waren die Familie Weerda sowie danach der Dachdeckermeister Lüchow.[8] Letzterer investierte erhebliche Mühen und Geldmittel in den Ausbau und den Erhalt der Ölmühle, nachdem er diese zu Anfang der 1970er Jahre erworben hatte. Zunächst sanierte Lüchow den Mühlenstumpf. 1983 folgte der Ostflügel des Mühlenkomplexes, zu Beginn der 1990er Jahre dann der Westflügel.[9]

Am 22. Dezember 2022 wurde die Ölmühle zum Preis von ca. 1,2 Millionen Euro zum Verkauf angeboten.

Ortschaft

In amtlichen Verzeichnissen zählte die Ölmühle neben Altendeich und Nadörst als eine Ortschaft der einst selbstständigen Gemeinde Süderneuland II. Erste urkundliche Erwähnung fand der aus einzelnen Häusern bestehende Ort im Jahre 1842. 1848 lebten hier 21 Personen in zwei Wohngebäuden.[10]

Steuern

Die Eigentümer, die Interessengemeinschaft (gegründet 1772/1773), der Ölmühle waren verpflichtet, ein jährliches Windgeld von 20 Reichstalern in Gold an die städtische Rentei zu entrichten. Dazu waren für Verkäufe jeweils gesonderte Steuern zu zahlen. Zudem mussten 16 Reichstaler 18 Stüber Erbpacht an einen Jacob Dirks gezahlt werden. 2 Reichstaler und 6 Stüber nebst Veräußerungsgewinnen mussten darüber hinaus als jährliche Erbpacht an die Stadtkämmerei für die sogenannten Aaskuhlen (Gruben, in denen Tierkadaver entsorgt wurden) bezahlt werden. Damit nicht genug, war die Ölmühle verpflichtet, sich am Unterhalt der steinernen Brücke an einer anderen Mühle zu beteiligen. Gemeint ist damit wahrscheinlich die Frisiamühle und die Brücke(n) an der Brückstraße. Abschließend mussten noch Beiträge für die Kirche und die Armenversorgung geleistet werden.[11]

Anlegestelle

Die für den Torftransport notwendigen Schiffe der Norder Fehngesellschaft wurden anfangs von dieser selbst in einer betriebseigenen Werft nahe der Ölmühle gebaut und gewartet. Dort befand sich auch der Ausladeplatz für den Torf.[12] Der Berumerfehnkanal verlief damals noch in unmittelbarer Nähe. Von hier aus wurden die Waren dann mit Kutschen über die Brückstraße in die Stadt transportiert.

Trivia

Wollte man in früheren Jahren jemanden verspotten, der sich als sehr klug und welterfahren zeigte, dann witzelte man, dass dieser sehr weit gereist sei: Vom Fehnkanal bis zur Ölmühle.[13]

Galerie

Einzelnachweise

  1. Rack, Eberhard (1982): Up Leegemoors Wohlfahrt, Norden, S. 24
  2. StAA, Rep.12, Nr. 3060
  3. 3,0 3,1 3,2 Schreiber, Gretje (2017): Der Norder Hafen. Geschichte, Schifffahrt und Handel, Aurich, S. 197
  4. 4,0 4,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 155
  5. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 156
  6. 6,0 6,1 Schreiber, Gretje (2012): Mühlengeschichten in und um Norden, Manuskript
  7. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 89
  8. Brückner, Annemarie / Gerdes, Edo (1984): So war es damals. Bilder aus dem alten Norden, Leer, S. 37
  9. Schriftliche Auskunft von Klaus Lüchow, bei facebook mitgeteilt am 26. November 2022
  10. Remmers, Arend (2004): Von Aaltukerei bis Zwischenmooren, Die Siedlungssnamen zwischen Dollart und Jade, Leer, S. 171
  11. StAA, Rep. 237, Bd. 1385, Nr. 53, Rep. 237, Bd. 1353, S. 383 und Rep. 37, Bd. 1386, Nr. 37
  12. Canzler, Gerhard (1989): Handel und Wandel, Norden, S. 27
  13. Canzler, Gerhard (2002): Doornkaat. Eine Firmenchronik, Norden, S. 35

Siehe auch