Lagerschule Tidofeld

Aus Norder Stadtgeschichte
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Lagerschule Tidofeld

Die Karte wird geladen …
Basisdaten
Entstehungszeit 1939 (1946)
Erbauer Wehrmacht
Bauweise Ziegelsteinbau
Erhaltungszustand teilweise erhalten
Genaue Lage Rheinstraße 11

26506 Norden

Die Lagerschule Tidofeld war eine Volksschule in Tidofeld. Sie stellte den Schulunterricht im Vertriebenenlager sicher und befand sich den Großteil ihres Bestehens in einem ursprünglichen Unterkunftsgebäude des ehemaligen Kasernengeländes.

Geschichte

Zum 13. August 1946 wurde für die zahlreichen Kinder des Lagers eine Schule im ehemaligen Verwaltungsgebäude eingerichtet. Die Ausstattung war spärlich und bestand vorwiegend aus hinterlassenen Einrichtungsgegenständen der Wehrmacht. So mussten man sich mit ausrangierten Schulmöbeln aus den Stadtschulen und mit rohen Bänken und einfachen Schemeln aus den ehemaligen Wehrmachtsbeständen begnügen. Formell zugeordnet wurde die Schule dem Norder Schulverband (Norden I).[1]

Bei dem größten Teil der 136 dort zu Beginn aufgenommenen Schüler handelte es sich um Kinder von Flüchtlingen und Vertriebenen aus den (ehemaligen) deutschen Ostgebieten. Mit 85 stellten die Kinder der aus Niederschlesien stammenden Familien den größten Anteil. 21 kamen aus Pommern, sieben aus Westpreußen und sechs aus Ostpreußen. Hinzu kamen vier Kinder aus dem Sudetenland und jeweils ein Kind aus Sachsen und Brandenburg. Nur sechs Schüler waren gebürtige Ostfriesen.[1]

Zuschauer des MC Norden sitzen auf dem Dach der alten Turnhalle, in dem sich zeitweilig die Lagerschule befand (1959).

Unter dem strengen Winter in den Jahren 1946 bis 1947 litten auch die Unterrichtsbedingungen. Die Dampfheizungsanlage fiel aus und die Räume konnten nur durch eilig herbeigeschaffte eiserne Öfen notdürftig beheizt werden. Die allgemeine Not wurde durch die sogenannte Quäkerspeisung gelindert, bei der den Schulkindern eine tägliche Essensration, in der Regel bestehend aus einer Milchsuppe und einem Brötchen, zugeteilt wurde.[1]

Ein weiteres Steigen der Schülerzahlen im Jahr 1947 machte das Einrichten eines zeitlich getrennten Unterrichts notwendig. Dieser fand nun vor- und nachmittags statt, da nur zwei Räume zur Verfügung standen. Im Februar des Jahres zog zudem eine Blechwarenfabrik im selben Gebäude ein, durch dessen Betrieb eine den Unterricht störende Lärmbelästigung einherging.[1]

Übersichtsplan des Lagers.

Die Raumnot setzte sich auch in den Folgejahren bei stetigem Anstieg der Schülerzahlen fort. Die Schule war inzwischen selbstständig geworden, hatte aber bei drei Klassen und drei Lehrern weiterhin nur zwei Räume zur Verfügung. Umbaupläne scheiterten an der Finanzierung, denn die Währungsreform von 1948 ließ die Gemeindekassen weiter klamm bleiben. So wurde auch der kalte Winter 1948 bis 1949 zur Belastungsprobe für den Schulunterricht.[2]

Auch in den 1950er Jahren blieb die Situation weiterhin angespannt. Die Schule umfasste nun fünf Klassen bei weiterhin nur zwei Räumen und drei Lehrern. Auch nach Schaffung zweier neuer Klassenräume blieben die Verhältnisse unzureichend, weil die Räume nur unzureichend eingerichtet waren und ein abgeschlossener Flur mit eigenem Eingang fehlte. Tidofeld wurde 1952 nach Norden eingemeindet, doch erst im März 1958 wurde mit dem dringend erforderlichen Umbau begonnen. Die Schule verfügte nun über drei ordnungsgemäße Räume und einem behelfsmäßigen Klassenraum in einem separaten Gebäudeflügel. Der Ostfriesische Kurier titulierte hierzu am 14. Juni 1958: Schule und Kindergarten Tidofeld bietet einen freundlichen Anblick.[2]

Im November 1964 erwarb die Lingener Wäschefabrik (Lincron) den gesamten Gebäudekomplex.[3] Bereits seit spätestens 1962 war diese hier eingezogen.[4] Der durch den Umbau verursachte Lärm störte den Unterricht enorm. Im Frühjahr 1965 nahmen daher Pläne der Stadt Norden, die oberen Jahrgänge in die neugebaute Spietschule sowie die Zingelschule und die Sielschule umzuschulen, konkrete Formen an. Hierfür sollten die Schüler per Bus dorthin gefahren werden, während nur die 1. und 2. Klasse in Tidofeld verbleiben sollte. Dieses Vorhaben wurde jedoch von der Elternschaft kategorisch abgelehnt, weshalb diese in Elternstreik taten und 48 Kinder dem Schulunterricht fernblieben.[2] Die Eltern forderten die Einrichtung einer neuen, örtlichen Schule und bis dahin den Erhalt der bisherigen Einrichtung, da sie ihre Kinder nicht den Verkehrsgefahren aussetzen wollten. Erst nach Androhung eines Bußgeldes wegen Verstoßes gegen die Schulpflicht wurde der Streik nach 16 Tagen beendet.[3]

Um den Eltern entgegenzukommen, richtete die Stadt in aller Eile zwei neue Klassenräume in der zwischenzeitlich vom Motorsportclub Norden erworbenen, gegenüberliegenden Turnhalle (hier steht heute das Telematikzentrum) ein. Danach wurden die höheren Jahrgänge wie geplant nach Norden umgeschult.[3] Der Unterricht am bisherigen Standort konnte wegen des Erwerbs durch die Wäscherei nicht fortgeführt werden. Ab August 1968 waren nur noch der 1. Jahrgang mit 30 Kindern, der 4. Jahrgang mit 24 Kindern und der 7. Jahrgang mit 24 Kindern in Tidofeld beheimatet. Zum Ende des Schuljahres im Sommer 1970 wurde die Schule endgültig geschlossen.[3]

Schulleiter

Zeitraum Vollständiger Name
1946 - 1947 ??? Rother
1947 - 1970 Erich Beberni

Schülerzahlen

Schuljahr Anzahl
1946 136
1947 148
1948 162
um 1950 208
um 1955 186
1964 120
1968 78

Literatur

  • Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 146-148

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 146
  2. 2,0 2,1 2,2 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 147
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 148
  4. Hager Schulchronik, abgerufen am 18. Mai 2021

Siehe auch