Villa Soltau

Aus Norder Stadtgeschichte
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Villa Soltau

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Basisdaten
Entstehungszeit 1904
Erbauer Heinrich Soltau
Bauweise Stadtvilla
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Am Markt 57

26506 Norden

Die Villa Soltau ist eine im Jahre 1904 errichtete, heute unter Denkmalschutz stehende Stadtvilla Am Markt 57. Sie wurde von Druckereibesitzer und Verleger Heinrich Soltau errichtet und diente in der frühen Nachkriegszeit als Offiziersmesse für die britische Besatzungskräfte. Ein bekannter Bewohner war der Waffen- und Raumfahrtingenieur Uvo Pauls.

Geschichte

Als erster Besitzer eines Hauses auf dem Grund der heutigen Anschrift Am Markt 57 wurde im Jahre 1544 Ulrich Ocken genannt.[1]

Wenngleich über Ocken wenig bekannt ist, war seine Ehefrau Abbe Hayen umso bemerkenswerter, da sie ein für damalige Zeiten biblisches Alter von 90-100 Jahren erreicht haben soll. Sie starb am 16. Juli 1592, als der gemeinsame Sohn, Eggerich Ulrichen, im Gefängnis in Berum.[2][3] Am 13. September 1591 wurde er gemeinsam mit Hayo Rykena und Otto Loringa sowie weiteren einflussreichen Norder Bürgern auf Befehl von Graf Edzard II. festgenommen. Der Vorwurf lautete unter anderem auf Rebellion.[2][4] Ursächlich war, dass Edzard II. die bisher von der Norder Bürgerschaft gewählten Schüttemeister zu gräflichen Beamten machte und der Bürgerschaft so großen Einfluss auf die Stadtverwaltung nahm. Daraufhin beschloss die Bürgerschaft eine Neuwahl der Schüttemeister, was Edzard II. als Verrat betrachtete. Nach einer Verhandlung vor dem Reichsgericht in Speyer wurden die Gefangenen nach gut elf Monaten wieder freigelassen. Verteidigt wurden sie von Rechtsanwalt Hector Friedrichs von Wicht, der mit ihnen im Jahre 1600 von Graf Enno III. als neue Bürgermeister eingesetzt wurde.[4] Zur Beerdigung seiner Mutter wurde Eggerich unter der Bedingung, freiwillig zurück in Haft zu kehren, Freigang gewährt. Eggerich verstarb kinderlos am 9. April 1606.[2]

Die Erben des Eggerich Ulrichen, zu denen auch Leutnant Albrecht Gnapheus gehörte, blieben bis mindestens 1681 im Besitz des Hauses. 1722 wird ein Monseiru Siepecio erwähnt. Als weiterer Eigentümer ist der Sekretär Hüneken zu Bremen verzeichnet, der das Haus seiner Tochter Marie und ihrem Ehemann Dr. Motz zu Bremen vererbte. Das Bremer Ehepaar vermietete das Haus an Juliane Luise Jhering, die es schließlich am 22. Juli 1758 für 840 Gulden erwarb.[2]

Am 10. November 1766 wurde der Auskultator (Bezeichnung für die unbezahlte erste gerichtliche Ausbildungsstufe für Juristen nach der Universität) Loth für 1.235 Gulden neuer Besitzer des Hauses. Dieser erbaute auf dem Grund ein neues Haus nebst Scheune.[2] Das stattliche Anwesen erinnerte vom Aussehen her grob an die Ackerbauschule.[5]

Der neue Eigentümer, der bekannte Norder Rechtsanwalt Johan Volrad Kettler, der mit Anna Jhering verheiratet war, bezahlte am 13. Juli 1774 einen Kaufpreis von 3.000 Gulden. Nachfolgend ersteigerte der Ratsherr Ulrich Harringa Wenckebach das Haus am 3. Juni 1793 für 2.300 Gulden in Gold.[2]

Seit 1849 waren die Erben des Gottlieb Johann Heinrich Taaks Besitzer von Haus und Grund. Um 1885 kam schließlich der Lehrer Carl Siemons in den Besitz, ehe es von Heinrich Soltau (Ostfriesischer Kurier) erworben, abgebrochen und 1904 neu erbaut wurde.[6] Nach Angaben der zuständigen Denkmalschutzbehörde wurde das Haus erst 1912 von Architekt E. Raab erbaut.[7]

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Haus von der britischen Besatzungsmacht requiriert (beschlagnahmt) und noch bis 1948 als Offiziersmesse benutzt. Der Familie Soltau gaben die Briten lediglich 12 Stunden Zeit, ihr Heim zu räumen.[6] Aus dem Erblass der Eheleute Soltau gelangte das Haus in den Besitz ihrer Tochter Anna Margarete Ingeborg Pauls, geb. Soltau (1908-1968) sowie ihrem Ehemann, dem Luftraum- und Waffeningenieurs Uvo Pauls (1902-1989).[8][9]

Nach dem Tode des Ehepaares Pauls erbte die Tochter Theda Krumhoff, geb, Pauls (* 3. Dezember 1933; † 13. November 2017 in Kiel) das Haus. Seit 1972 lebte hier Dr. med. Jürgen Wauschkuhn, der zugleich von 1972 bis 1982 seine Hautarztpraxis hier betrieb (danach Am Markt 20). Seit 1987 befand sich Am Markt 57 die Arztpraxis von Dr. med. Charlotte Wauschkuhn (bis ca. 1996).[8][10]

Das altehrwürdige Gebäude steht als Einzeldenkmal unter Denkmalschutz.[7] 2020 soll es an einen regionalen Immobilienhai veräußert worden sein. Das weitere Schicksal der ehrwürdigen Villa ist ungewiss.

Beschreibung

Das Gebäude ist ein eingeschossiger Putzbau unter Mansarddach mit geschweiftem Zwerchgiebel. Die Straßenfront ziert ein halbrunder Vorbau mit Säulengliederung.

Galerie

Einzelnachweise

  1. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 133
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 134
  3. Genealogische Aufzeichnung zu Abbe Heyen, abgerufen am 4. März 2024
  4. 4,0 4,1 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 52
  5. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 38
  6. 6,0 6,1 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 135
  7. 7,0 7,1 Liste der Baudenkmale in Norden, abgerufen am 11. November 2021
  8. 8,0 8,1 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 135
  9. Sanders, Adolf (1999): Norden - wie es früher war, Gudensberg, S. 25
  10. Angaben des Sohnes von Charlotte Wauschkuhn vom 2. März 2024

Siehe auch