Friedrich Swart

Aus Norder Stadtgeschichte
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Dr. Friedrich Carl Swart (* 17. September 1883 in Westermarsch I; † 28. Oktober 1957 ebenda) war ein deutscher Agrarhistoriker und Wirtschaftsführer. Nach dem Abitur am Ulrichsgymnasium im Jahre 1901 studierte er Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie in Tübingen, München und Berlin, wo er am 13. August 1904 promovierte. 1925 wurde er Verbandsdirektor und Leiter sämtlicher Zentralen der Raiffeisen-Organisation in Posen.

Leben

Swart wurde am 17.September 1883 im Wester-Charlottenpolder geboren. Sein Vater Otto Christian Swart, Sohn eines Amtsrichters aus einer Emder Kaufmannsfamilie, war Landwirt auf Familienbesitz im Wester-Charlottenpolder, dann auf dem zugekauften Hof Großlanghaus, daneben lange Jahre Gemeindevorsteher, Standesbeamter und Kommunalpolitiker. Seine Ehefrau stammte aus der Norder Fabrikantenfamilie ten Doornkaat Koolman.

Swart besuchte die Vorschule und das Ulrichsgymnasium in Norden und legte Ostern 1901 die Reifeprüfung ab. Danach widmete er sich dem Studium der Nationalökonomie, Geschichte und Philosophie in Tübingen, München und Berlin, wo er 1904 mit der Dissertation Erbrecht und Agrarverfassung in Ostfriesland promovierte. Von den Professoren Schmoller und Sering gefördert, strebte er eine wissenschaftliche Laufbahn an und veröffentlichte eine Anzahl von Aufsätzen in Schmollers Jahrbuch und in Sammelwerken, hauptsächlich zu Fragen der Inneren Kolonisation in den preußischen Ostprovinzen. Seine historischen Studien erschienen 1910 unter dem Titel Zur friesischen Agrargeschichte. Es war die erste umfassende, systematische Darstellung seiner Art mit Ostfriesland als Mittelpunkt.

Meitzens Theorie der Einzelhofsiedlung, seinerzeit noch in voller Geltung und erst seit den 20er Jahren überholt, hatte Swart mit als erster entschieden widersprochen und belegt, daß die Einzelhöfe Norddeutschlands eine neuzeitliche Entwicklung darstellen und aus der Ansiedlung in ursprünglich geschlossenen Dörfern mit genossenschaftlich genutzten Gewannfluren entstanden waren.

Nach dem Militärdienst als Einjähriger 1904/05 fand Swart 1905 bis 1907 Anstellung als volkswirtschaftlicher Mitarbeiter beim Bund der Landwirte und war in dieser Eigenschaft 1906/07 vorübergehend als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter für die von der Preußischen Ansiedlungskommission in Posen herausgegebene Denkschrift 20 Jahre deutscher Kulturarbeit tätig. Die Mitarbeit an dieser Schrift führte ihn mit dem Verbandsdirektor der Posener Raiffeisen-Organisation, Dr. Leo Wegener, zusammen, der ihn bewog, am 1. Oktober 1907 in Posen als volkswirtschaftlicher Mitarbeiter in den Verband deutscher Genossenschaften in der Provinz Posen einzutreten.

Im Anfang erstreckte sich Swarts Tätigkeit auf Bereisung, Vorträge, Beratung und Gründung von Genossenschaften, auch war er von 1908 bis 1914 Schriftleiter des Verbandsorgans. Am 10. Juni 1912 wurde er Vorstandsmitglied der Landesgenossenschaftsbank Posen und bereits 1914 zum stellvertretenden Verbandsdirektor gewählt. 1912 heiratete er Martha Upmeyer, Tochter eines Landesökonomierats aus Borgholzhausen, Westfalen. Aus ihrer Ehe stammen sieben Kinder; eines starb früh, ein Sohn fiel im Zweiten Weltkrieg. Den Weltkrieg machte Swart an der Front als Offizier der Feldartillerie bis zur Schlacht vor Verdun 1916 mit; danach wurde er zur Vertretung seines erkrankten Chefs und Erledigung kriegswirtschaftlicher Aufgaben beurlaubt, gleichzeitig zum Geschäftsführer der Warenzentrale, des Deutschen Lagerhauses in Posen, bestellt. In dieser Zeit entstanden unter seiner maßgeblichen Mitwirkung die Anfänge der deutschen Genossenschaftsorganisation in Mittelpolen mit Lodz als Zentrale.

1918 wurde Swart im Stab der Militärverwaltung in Wilna mit Aufgaben der Güterverwaltung und Siedlungsvorbereitungen im besetzten Litauen beauftragt. Nach Kriegsende leitete Swart von Januar bis Oktober 1919 die Geschäftsstelle der Landesgenossenschaftsbank Posen in Berlin und entwickelte sie zu einer selbständigen Bank mit Beteiligungen, die einen wichtigen Rückhalt für die Zentrale bilden sollten. Danach kehrte er nach Posen zurück, das nun zum wiedererstandenen Staat Polen gehörte. Mit diesem Entschluss wurden alle Pläne einer wissenschaftlichen Tätigkeit endgültig hinfällig. Swart fand nun seine Lebensaufgabe im Dienst für die deutsche Minderheit im polnischen Staat und wurde polnischer Staatsbürger, trotz dreimonatiger Internierung im Jahre 1920. Er wurde 1922 Vorstandsmitglied der Landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft, einer neugeschaffenen Warenzentrale der Genossenschaftsverbände Raiffeisen und Offenbach. Schließlich wurde er 1925 als Nachfolger Wegeners zum Verbandsdirektor und Leiter sämtlicher Zentralen der Raiffeisen-Organisation gewählt und vollendete den Zusammenschluss mit dem Offenbacher Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften der ehemaligen Provinz Posen.

Der Einfluss- und Tätigkeitsbereich der von Swart geleiteten deutschen Genossenschaften in Polen erstreckte sich auf die ehemals deutschen Gebiete Posen und Oberschlesien und Teile der Genossenschaften Westpreußens, darüber hinaus auf sämtliche Siedlungsgebiete der deutschen Volksgruppe in den früheren russischen und österreichischen Teilgebieten, etwas reduziert durch die polnische Gesetzgebung ab 1934. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges bildete es das wirtschaftliche Fundament der deutschen Minderheit in einer feindlich gesinnten Umgebung und behauptete sich unter Swarts Führung auch in der Not der Weltwirtschaftskrise und gegen einen sich steigernden Druck des polnischen Staates, der die deutsche Minderheit zu verdrängen oder zu assimilieren suchte. Neben dieser Arbeit war Swart auch auf anderen für das Deutschtum in Polen wichtigen Gebieten tätig: im Schulwesen als Vorsitzender des Schulvereins des Below-Knothe Lyzeums in Posen 1922-37, im Kulturleben ab 1925 als Vorsitzender der Historischen Gesellschaft für Posen, als Synodaler der evangelisch-unierten Kirche Posens ab 1933, als Aufsichtsratsmitglied in Berufsverbänden und bei der deutschen Presse. Begleitet wurde dieses alles von einer regen schriftstellerischen Tätigkeit in Publikationen seiner Organisation oder der deutschen Volksgruppe in Polen.

1927 erschien von ihm unter dem Pseudonym Otto Swart der Abschnitt Innere Kolonisation im Handbuch Grundriß der Sozialökonomik, 1939 verfasste er unter dem Pseudonym Karl Lübbike den Beitrag Siedlungsgeschichte, Sozial-und Wirtschaftsverfassung der deutschen Landbevölkerung in Polen in Serings Sammelwerk Agrarverfassung der deutschen Auslandssiedlungen in Europa; im gleichen Jahr einen Aufsatz über die Norder Theelacht.

Im September 1939 wurde Swart bei Kriegsausbruch von den Polen verhaftet und verschleppt, musste nach der deutschen Besetzung Posens die Leitung des Revisionsverbandes abgeben, behielt aber die Geschäftsführung der Finanz- und Warenorganisationen mit vermehrten Aufgaben der Kriegswirtschaft. Im Januar 1945 musste er seine Zentralen beim russischen Vormarsch nach Mecklenburg evakuieren und kehrte danach im März als Flüchtling in seine Heimat Ostfriesland zurück. Zunächst übernahm er hier einige Jahre die Bewirtschaftung des elterlichen Hofes. Bald stellte er seine Erfahrung und Arbeitskraft dem Wiederaufbau zur Verfügung: 1946 der Gemeindevertretung der evangelisch-reformierten Gemeinde Norden-Lütetsburg, ab 1947 als Mitglied der Landschaftsversammlung, im örtlichen Genossenschaftswesen ab 1947, wo er schließlich zum Vorsitzenden aller vier Norder Genossenschaften, der Molkerei-, Bank-, Waren- und Viehverwertungsgenossenschaft, gewählt wurde.

1954 berief man ihn in der Beirat der Landwirtschaftlichen Rentenbank, Frankfurt. Auch für die vertriebenen Posener fühlte er sich verantwortlich: im Vorstand des Hilfskomitees der Glieder der Posener evangelischen Kirche, bei der Gründung der Landsmannschaft Weichsel-Warthe und 1950-52 als Vorsitzender, dann Ehrenvorsitzender der Historisch-Landeskundlichen Kommission für Posen und das Deutschtum in Polen, Marburg. Er gehörte auch zum Vorstand der Gesellschaft für Geschichte des Landvolks und der Landwirtschaft. Eine Reihe von Aufsätzen zur Heimatgeschichte des Norder Landes und zur Geschichte des Deutschtums im Osten und Polen entstanden in dieser Zeit. In seinem Buch Diesseits und jenseits der Grenzen legte er Rechenschaft über sein Lebenswerk ab. 1953 wurde ihm von Bundespräsident Theodor Heuss das Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (Bundesverdienstkreuz) verliehen.

Quellenverzeichnis

Siehe auch