Ackerbauschule

Aus Norder Stadtgeschichte
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Ackerbauschule

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Basisdaten
Entstehungszeit 1879
Erbauer Stadt Norden
Bauweise Schulgebäude
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Am Markt 19

26506 Norden

Die Ackerbauschule (amtlich: Landwirtschaftliche Winterschule bzw. anfangs Landwirtschaftliche Vorschule; scherzhaft auch: Ackerbackerschool) war eine von 1875 bis 1972 bestehende Landwirtschaftsschule. Nach dessen Schließung befand sich hier die Kreismusikschule. Seit 1996 befindet sich in dem historischen Gebäude aus dem Jahre 1879 eine Nebenstelle der Norder Stadtverwaltung, unter anderem das Standes- und Ordnungsamt.

Geschichte

Die frühen Besitzer des Gebäudes - oder vielmehr des Vorgängerbaus - sind weitgehend unbekannt. Bekannt sind lediglich die 1722 erwähnten Erben des Arien Poppen sowie 1755 der Leutnant Dirk Reinder. Ihm folgte sein Sohn Reinder Dirks als Erben und nach ihm dessen Erben. Noch bis 1850 war die Familie im Besitz des Hauses, dann wurde ein G. Boemgarden und ab 1863 dessen Witwe Eigentümer. Noch vor der staatlichen Erwerbung wurde die Witwe eines Th. Biermann als Eigentümerin genannt.

Laut Gründungsunterlagen wurde die Schule 1875 als Landwirtschaftliche Vorschule gegründet, der Volksmund taufte sie jedoch schon bald in Ackerbauschule um. Schon um 1850 hatte die Landdrostei in Aurich die Notwendigkeit zur Errichtung einer Fortbildungsschule für Jugendliche in landwirtschaftlichen Berufen erkannt. Sogar beim Innenministerium in Hannover erkannte man an, dass eine solche Notwendigkeit besteht und bevorzugte Norden als Standort einer solchen Schule, denn Norden liege auf der Geest nahe der fruchtbaren Marsch und der Sandboden um Norden werde so ausgezeichnet mit Spaten und Pflug bearbeitet wie sonst nirgends im Königreich Hannover. Ein weiterer Punkt war die Lage nahe der (damals noch wesentlich ausgedehnteren) Heide- und Moorlandschaften, sodass alle wichtigen, heimischen Bodentypen abgedeckt waren.[1][2] Eine der Bedingungen für eine amtliche Förderung in Höhe von 600 bis 1.000 Reichstalern war, dass mindestens 10 bis 20 Schüler die Schule besuchen können.[2]

Sehr für den Aufbau der Schule setzte sich auch Bürgermeister Johann Hillern Taaks ein, der beim Ministerium auch darauf hinwies, dass Norden mit einem Gymnasium und einer Höheren Töchterschule über genügend studierte Lehrkräfte verfügte.[3] Dazu kämen weitere vorgebildete Lehrkräfte der Gewerbeschule.[1][3] Natürlich gab es auch weitere Schulen, doch waren die Lehrer dort in der Regel nicht akademisch, sondern höchstens in Seminaren vorgebildet. Diese Lehrkräfte bezeichnete man als Schulmeister.

Am 1. Oktober 1875 begann für die nun Landwirtschaftliche Winterschule genannte Schule schließlich der Schulbetrieb. Mangels eigener Räumlichkeiten fand der Unterricht in den ersten Jahren noch im Ulrichsgymnasium statt.[1] Unterstützt wurde das Vorhaben finanziell auch vom Landwirtschaftlichen Hauptverein für Ostfriesland und der Ostfriesischen Landschaft.[4] Erster Schuldirektor wurde Adolf Wegner, noch bevor dieser sein eigenes Studium offiziell abgeschlossen hatte. Er hatte zunächst im Winter angehende Landwirte zu unterrichten und im Sommer als Wanderlehrer bei den Zweigvereinen zu arbeiten. Der Fachunterricht umschloss Tierkunde, Zuchtlehre, Tierheilkunde, Pflanzen- und Bodenkunde, Betriebslehre und Buchführung, Wiesenbau und Drainagen, Gartenbau und Obstkultur.[4] Weitere Lehrkräfte waren der aus Wetzlar stammende Hermann Jungk, der seinerzeit Direktor der Höheren Töchterschule war, der Veterinärarzt Voß, der Humanmediziner Dr. Hoppe sowie der als Privatlehrer tätige Dr. phil. Heinrich Eggers. Als Kuratorium fungierten namhafte Persönlichkeiten wie der Lütetsburger Graf von Innhausen und Knyphausen, der Gutsbesitzer Sicco Theodor van Hülst und Bürgermeister Johann Hillern Taaks.[5]

Ab 1879 verfügte die Schule schließlich über ein eigenes Gebäude, nachdem Jan ten Doornkaat Koolman II. gemeinsam mit Bürgermeister Taaks und weiteren Norder Persönlichkeiten das ehemals fürstliche Haus Zur Blauen Pforte erwarb und das Grundstück der heutigen Ackerbauschule der Stadt zum Bau einer solchen vermachte.[1][6] Nachfolgend wurde hier mit Unterstützung der Molkereigenossenschaft und des Landwirtschaftlichen Hauptvereins für 37.100 Mark das bis heute bestehende Gebäude errichtet.[1][5] In Erinnerung an diese große Schenkung benannte die Stadt Norden 100 Jahre später den angrenzenden Jan-ten-Doornkaat-Koolman-Platz nach ihm.

Der Baubeginn hatte sich aufgrund der fehlenden Zustimmung der königlich-preußischen Behörden in Berlin einige Zeit verzögert, am 19. Januar 1880 konnte Bürgermeister Taaks die nun so genannte Ackerbauschule dann schließlich einweihen und ihrer Bestimmung übergeben.[5]

1883 mussten die 1879 eingeführten Sommerkurse mangels Schüler wieder aufgegeben werden. Damit sank die weiterhin Ackerbauschule genannte Lehranstalt de facto wieder in den Rang einer landwirtschaftlichen Winterschule herab. Gleichwohl wurde sie von der Provinzialverwaltung und der Ostfriesischen Landschaft in Anerkennung der besonderen Leistungen Wegners bis zu dessen Tode weiter unterstützt.[4] Im Wintersemester 1886 unterrichteten bereits sieben Lehrkräfte an der Schule, davon sechs in Teilzeit. Sie haben wohl hauptberuflich an einer anderen Schule im Stadtgebiet gelehrt.[7]

1899 konnte das Schulgelände durch Ankauf des Reformierten Armenhauses erheblich erweitert werden. Infolge des Ersten Weltkriegs ruhte der Unterricht ab 1917. Ab 1919 war die Ländliche Genossenschaftsbank in dem Gebäude untergebracht. Im Herbst 1920 konnte der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden, wobei in die Räumlichkeiten der Gräfin-Theda-Schule ausgewichen werden musste, da die Ackerbauschule, wie vorgenannt, nun durch eine Bank genutzt wurde. Neuer Schulträger war nun zudem nicht mehr die Stadt, sondern der Landkreis Norden.[7]

Erst ab 1931 fand der Unterricht wieder am bekannten Standort statt.[7] Offenbar wurde die Schule in jener Zeit dem Reichsnährstand unterstellt, denn noch 1950 findet sich im Norder Adressbuch der Hinweis, dass das Gebäude dem Treuhänder für den ehemaligen Reichsnährstand gehörte.[8] 1943 wurde der Unterricht kriegsbedingt jedoch erneut eingestellt. Gegen Kriegsende wurde das Gebäude von Wehrmachtssoldaten belegt, sodass der Unterricht erst am 20. November 1945 wieder aufgenommen werden konnte. 1946 wurde der Schule eine Mädchenklasse der Emder Landwirtschaftsschule angegliedert. Diese war bereits während des Krieges nach Norden verlagert worden, da die Emder Klassenräume durch alliierte Bombenangriffe zerstört worden waren.[7]

Mit Ablauf des Winterschuljahres 1971/1972 schlug die letzte Stunde der Ackerbauschule. Der landwirtschaftliche Unterricht wurde nun von der Berufsschule geleistet. Das Gebäude wurde nachfolgend und noch bis 1982 von der Landwirtschaftskammer (Außenstelle Norden) als Sitz genutzt, bis sie im selben Jahr in den Neubau am Burggraben 41 zogen. Von 1992 bis 1996 hatte schließlich die Musikschule ihren Sitz in der alten Ackerbauschule, bis sie in die Räumlichkeiten der Gräfin-Theda-Schule umzog. Nach einer aufwendigen Renovierung befindet sich hier bis heute eine Nebenstelle der Stadtverwaltung mit dem Standes- und Ordnungsamt.[7][9]

Beschreibung

Das stadtvillenähnliche und zweigeschössige Gebäude ist ein siebenachsiger Putzbau mit einem Walmdach. Die Rundbogenfenster im Obergeschoss weisen verzierte Brüstungsfelder auf. Der Sims ist an der Traufe profiliert.

Schuldirektoren

Zeitraum Vollständiger Name
1875 - 1916 Adolf Wegner
1916 - ??? ???

Schülerzahlen

Schuljahr Anzahl
1877 28 *
1886 47

* davon zwei aus den Niederlanden

Galerie

Literatur

  • Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 128-129

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 128
  2. 2,0 2,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 247
  3. 3,0 3,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 248
  4. 4,0 4,1 4,2 Henninger, Wolfgang (2001): Ostfriesische Landschaft. Biographie des Adolf Wegner, veröffentlicht bei der Ostfriesischen Landschaft
  5. 5,0 5,1 5,2 Canzler, Gerhard (2002): Doornkaat. Eine Firmenchronik, Norden, S. 141
  6. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 71
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3 7,4 Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 129
  8. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 67
  9. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 59

Siehe auch