Süderhaus (Blaue Pforte)

Aus Norder Stadtgeschichte
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Süderhaus (Blaue Pforte)

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Basisdaten
Entstehungszeit zw. 1550 u. 1593
Erbauer Hayo Loringa (mutmaßlich)
Bauweise Großes Stadthaus
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Am Markt 20

26506 Norden

Das Süderhaus ist ein denkmalgeschütztes Gebäude am südlichen Marktplatz. Der Name des Gebäudes, das auch als Blaue Pforte bekannt ist, leitet sich von dieser südlichen Lage ab. Das Norder Süderhaus darf nicht mit dem Hof Süderhaus und dem Süder-Hauß, beide in Ostermarsch, verwechselt werden. Hingegen darf es als Gegenstück zum - nördlich des Marktes befindlichen - Norderhauses gesehen werden.

Interessanterweise verfügte das Anwesen nicht nur über eine für damalige Zeiten typische Scheune, sondern über ein eigenes Brauhaus und große Gartenflächen.

Ursprüngliche umfasste das Grundstück des Süderhauses die heutigen Hausnummern 19 und 20, ehe beide Besitzungen 1877 von Jan ten Doornkaat Koolman II. erworben wurde und er die Nummer 19 der Stadt Norden für den Bau der Ackerbauschule vermachte.

Geschichte

Der Name Blaue Pforte leitete sich von einer östlich des Hauses stehenden Pforte ab, dessen tatsächliche Farbe jedoch nicht überliefert ist.[1][2] Konkret beschrieben wird eine große Pforte, durch die man auf einen großen Platz oder Warft kam.[2] Von dort aus führte eine Lohne bis hin zur Kirchstraße.[3] Es liegt nahe, dass diese Pforte die Eingangspforte zur nahegelegenen Olde Borg gewesen sein könnte.[4]

Das giebelständige Hauptgebäude (linker Teil) stammt aus dem 16. Jahrhundert, erstmalig wird der einstige Bürgermeister von Norden, Dr. Hayo Loringa, als Eigentümer in einer Urkunde, datiert auf den 26. Januar 1595, genannt.[2][5] Laut Kellerkataster, welches 1999 in Norden am Norder Marktplatz durchgeführt wurde, wurde der Keller dieses Hauses im Zeitraum zwischen der Mitte des 16. Jahrhunderts und dem frühen 17. Jahrhundert erbaut.[1] Denkbar ist daher, dass Hayo Loringa Erbauer dieses Hauses war.

Das Anwesen war adelig frei. Das bedeutet, dass es praktisch frei von Abgaben war, aber zu bestimmten Anlässen (z.B. Hochzeiten und Trauerfälle) am Hofe in Aurich Ritterdienste leisten musste.[1][6]

Es blieb noch bis mindestens 1638 im Besitz der Familie Loringa. Im genannten Jahr war Hayos Tochter Hissa Loringa Besitzerin des Hauses. Hissa verstarb unverheiratet und kinderlos. Der nächste legitime Erbe wäre ihr einziger Neffe Anton Hektor Loringa, Sohn ihres Bruders Emo und Anna von Visbeck, gewesen, doch verstarb dieser bereits am 13. Juli 1634. So vermachte Hissa ihren Besitz ihrer einzigen Nichte Anna Dorothea Loringa.[7][6]

Anna Dorothea war mit Adolf Moritz von Schleppegrell, einem Drosten aus einem Uradelsgeschlecht aus dem Raum Lüneburg, verheiratet.[6] Durch die Heirat mit Anna Dorothea Loringa war dieser auch in den Besitz der Osterburg gekommen.[6][8] Von Schleppegrell nannte sich auch Herr zu Varel, Südholt und Norden.[6]

Wegen vieler Schulden gelangte das Süderhaus am Ende des 17. Jahrhunderts in neuen Besitz. 1722 war Major Peter Reershemius Eigentümer des Anwesens. Seine Tochter oder sonstige weibliche Nachkommin Anna Margaretha, war mit Hermann Albrecht Cordes verheiratet und erbte den Besitz von Peter. Gretje Schreiber gibt Iptet Holen für das Jahr 1709 als Besitzer an, schreibt jedoch daraufhin, dass Peter Reershemius in jedem Fall noch vor diesem Besitzer des Anwesens war.[6]

Margaretha Sophia Holen, verheiratet mit dem Adjutanten Ludwig Ferdinand Baak, ließ das Süderhaus am 5. Dezember 1755 öffentlich verkaufen. Neuer Besitzer wurde der Mennonit und Brauer Abraham Classen Decknatel, welcher in erster Ehe mit Jeinske Jansen und in zweiter Ehe mit Imke Peters verheiratet war.[6]

Am 5. Dezember 1777 verkauften Decknatels Sohn Claas Abraham Decknatel und Tochter Mensge Abrahams Decknatel mit ihrem Ehemann Peter Hinrichs Brouwer das väterliche Haus an die Schwester Elisabeth Abrahams Decknatel, Ehefrau des Reinder Peter de Boer für 3.200 Gulden.[6][9] Ab 1845 war dann Hinrich Reinder de Boer Besitzer des Anwesens. Von den Erben des Holzhändlers de Boer erwarb Jan ten Doornkaat Koolman II. die Besitzung wie auch das Nachbarhaus Am Markt 19 für 18.000 Mark. Während Doornkaat Koolman das Grundstück Am Markt 19 der Stadt Norden zum Bau der Ackerbauschule überließ, vermachte er das Süderhaus für 12.000 Mark seinem Neffen Heinrich Eggers.[9]

Eggers war noch bis mindestens 1898 im Besitz des Hauses. Spätestens 1926 erwarb der Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland den Grund und Boden. Im Adressbuch der Stadt Norden von 1950/1951 wurde der Treuhänder für den ehemaligen Reichsnährstand genannt.[9][10] In der Anfangszeit des 1929 gegründeten Meliorationsverbandes diente ein gemieteter Raum in dem Gebäude als Verbandsbüro.[11]

1972 übernahm der benachbarte, im Elefantenhaus ansässige Soltau Kurier das Gebäude zur Erweiterung seiner Produktionsflächen, ehe dieser kurz darauf in das Gewerbegebiet Leegemoor zog und beide Gebäude im Dezember 1981 an Anton Götz verkaufte.[12][13] 1980 war in dem Haus kurzzeitig das Bauamt für Küstenschutz und Landgewinnung untergebracht, als sich der Neubau an der Jahnstraße 1 noch im Bau befand.[9]

1982 richtete Götz in dem Gebäude zwei Arztpraxen (Dr. Jürgen Wauschkuhn, vorher Am Markt 57 sowie Dr. B. Neumann-Schönwetter) ein.[1] Bis heute sind hier Ärzte niedergelassen.

Beschreibung

Die historische Raumaufteilung des Hauses wird 1755 beschrieben:[6]

Das Haus bestand im Erdgeschoss aus einem räumlichen Vorhaus, drei Zimmern sowie Kammern und Küchen. Hier hatte man jede Ecke und jeden Winkel für Schränke ausgenutzt. Mit dem Aufkommen leichterer Möbelformen in der Zeit des Rokoko nahm die Bedeutung des mächtigen Schranks aus der Barockzeit ab. An seiner Stelle standen nun in jedem Wohnraum eingebaute Wandschränke ohne jede Betonung oder dann in Nebenräumen ganz schlichte, häufig einfarbig gestrichene Kasten.

Im Obergeschoss gelangte man auf einer breiten Treppe, wovor sich eine Tür mit einem oben befindlichen Gußstein am Portal befand. Von dort aus kam man in den großen, nördlich gelegenen Saal. Ein weitere Treppe führte auf den Dachboden.

Im gewölbten Keller befand sich ein Ofen.

Aus dem Vorhaus gelangte man in das Brauhaus (mindestens Besitzer Iptet Holen war Brauer). Dieser besaß ein Loch, das als Eingang zum gewölbten Keller diente. Aus dem Brauhaus wiederum gelangte man auch in die Scheune. Sie umfasste 2,5 Gulfe und bot Platz für mehrere Kühe und Pferde. Im Garten wuchsen Blumen, Bäume und Küchenkräuter. Der Abtritt (Plumpsklo) befand sich in einiger Entfernung zum Haus.

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Schreiber, Gretje (2011): Historische Flurnamensammlung der Ostfriesischen Landschaft, Nr. 88303
  2. 2,0 2,1 2,2 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 68
  3. StAA, Rep. 236, Bd. 150-155
  4. Canzler, Gerhard (2005): Die Norder Schulen, Weener, S. 129
  5. Pühl, Eberhard (2007): Alte Backsteinhäuser in Ostfriesland und im Jeverland. Backsteinbauten des 15. bis 19. Jahrhunderts, Oldenburg, S. 167
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 6,5 6,6 6,7 6,8 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 70
  7. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 69
  8. Schreiber, Gretje (1994): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 68ff.
  9. 9,0 9,1 9,2 9,3 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 71
  10. Adressbuch von 1950/1951, S. 21
  11. Ramm, Heinz (1989): Popke Fegter (1874-1946). Sein Leben und sein Wirken im Norderland, Norden, S. 93
  12. Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 118
  13. 75 Jahre Anton Götz (Beilage zum Ostfriesischen Kurier)

Siehe auch