Gräfliches Haus

Aus Norder Stadtgeschichte
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Gräfliches Haus

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Basisdaten
Entstehungszeit 1694-1708
Erbauer Katharina von Schweden
Bauweise Schlossähnliche Stadtvilla
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Am Markt 6

26506 Norden

Das (Hoch-)Gräfliche Haus wurde ursprünglich als Wohnhaus errichtet. Seinen Namen hat es von Edzard Ferdinand Cirksena erhalten, der hier als Graf von Norden residierte. Hauptnutzer seit 1922 ist die Firma Otto G. Soltau GmbH, wobei der Betrieb nur den rechten, ursprünglichen Teil des einst wesentlich größeren Hauses einnimmt. Der linke Teil wurde 1906 für den Bau des Postamtes abgebrochen und beherbergte dieses bis zum Neubau.

Der linke, nördliche Teil wurde auch als Altes Gräfliches Haus bezeichnet, der rechte, südliche Teil als Neues Gräfliches Haus.

Geschichte

Das erst später so genannte Gräfliche bzw. Hochgräfliche Haus wurde vermutlich im 16. Jahrhundert errichtet und im 17. Jahrhundert erstmalig ausgebaut. Ursprünglich erstreckte es sich auf zwei Grundstücke mit den einstigen Hausnummern 6 1/2 und 7 bzw. 8. Wann genau die Umnummerierungen folgten, lässt sich nicht mehr gänzlich nachvollziehen. Nachfolgend wird daher die Nr. 7 für den linken, nördlichen Teil benutzt und Nr. 8 für den rechten, südlichen Teil.

ehem. Nr. 7

Als erster bekannter Eigentümer des Hauses 7 wurde der 1625 verstorbene Hofgerichtssekretär Dr. Viglius Wiarda im Jahre 1627 erwähnt. Ihm folgte als Eigentümerin bis mindestens 1632 seine Witwe.[1]

Zwischen 1694 und 1708 ließ Friedrich Ulrich von Ostfriesland (siehe auch Abschnitt ehem. Nr. 8) auf Grundstück 7 und 8 beide Bestandsbauten vereinigen und vergrößern. Die rechtliche Trennung der Grundstücke blieb jedoch bestehen.[2]

Am 20. Juli 1755 erwarb der Ratsherr Gerhard Thodens Thoden das aus vier Oberkammern, einem großen Saal, fünf Hinterkammern, zwei Küchen und einem ansehnlichen Vorhaus nebst zweier gewölbter Keller und einer Scheune bestehende Anwesen von Fürstin Marie Charlotte von Ostfriesland (1689-1761) zum Preis von gerade einmal 2.000 Gulden.[3] Seit 1793 gehörte der Familie Thoden (van Felsen oder Velsen) auch das Haus Vienna.[4][5]

Nur wenige Tage später, am 21. August 1755 verkaufte Thoden dem Baron von Closter, vermutlich Gerhard Sigismund Baron von Closter (1717-1776) den östlichen Flügel des Gebäudes sowie den südlich liegenden Keller.[3][4][6] Der Baron hatte diesen bereits seit geraumer Zeit gemietet. Das gesamte Haus wurde seit dieser Zeit auch Kloster genannt, obgleich es mit einem solchen nichts gemein hatte.[4][6] Den restliche Teil des Hauses behielt Thoden für sich. Nach seinem Tod erbten seine vier Töchter den verbliebenen Besitz am Haus.[2]

Die Töchter verkauften den Besitz am 8. Juli 1782 an Justizrat Hedden für 4.082 Gulden. Am 27. März 1786 erwarb der ehemalige Bürgermeister Nordens, Enno Ludwig Franzius, den Teil des Hauses. Von diesem wiederum ging es am 14. Mai 1791 an Karl Gustav Freiherr von Inn- und Knyphausen aus Leer zum Preis von 2.300 Reichstalern.[2][7]

Der Magistrat kaufte der Familie Inn- und Knyphausen das Haus am 6. Oktober 1851 ab.[8] Am 24. Januar 1859 verkaufte der Magistrat das Gebäude sodann dem königlichen Generalpostdirektorium für 3.400 Taler in Gold.[8] Von da an bis zur Fertigstellung des Neuen Postamts bzw. bis zum Abriss für den Neubau befand sich hier das Kaiserliche Postamt.[7][9]

ehem. Nr. 8

Erster bekannter Eigentümer der Nr. 8 war der Hofgerichtsassessor Dr. Caspar Alteneich.[6] Dessen Witwe Dirkjen König verkaufte das Haus am 8. Dezember 1630 an Graf Ulrich II. von Ostfriesland.[10] Erbaut wurde das Gebäude jedoch wahrscheinlich von Katharina von Schweden (1584-1638) aus dem Hause Wasa, Witwe von Graf Edzard II., durch dessen Heirat mit der Tochter aus dem Geschlecht der Wasa die Cirksenas in den europäischen Hochadel aufstiegen.[4]

Dr. Alteneich hatte das Haus vermutlich bereits vor 1601 erworben und im Jahre 1618 wohl zumindest teilweise an einen Mann namens Hermann vermietet. Graf Ulrich II. wiederum vermietete das Haus in der Zeit um 1645 offenbar an den Rechtsgelehrt (Licentiat) Henricus Stürenburg.[11]

1665 wurde das Haus von Edzard Ferdinand, dem dritten Sohn von Ulrich II. bezogen, der sich hier nachfolgend einen eigenen, kleinen Hofstaat einrichtete und daher auch als Graf von Norden in die ostfriesische Geschichte eingegangen ist. Drei Jahre zuvor erwarb Edzard Ferdinand bereits das Ekeler Torenhus.[6]

Bereits drei Jahre später, 1668, starb Edzard Ferdinand, sodass der Besitz an seinen Sohn Friedrich Ulrich fiel. Nach dessen Tod im Jahre 1710 wiederum fiel es an den Grafen von Wied-Runkel, der die Tochter von Friedrich Ulrich und Marie Charlotte geheiratet hatte und damit erbberechtigt war. Zwischen 1694 und 1708 wurde das ohnehin schon stattliche Gebäude durch den Ankauf und den Ausbau in nördlicher Richtung weiter vergrößert und erhielt einen Treppenturm ähnlich der des Torenhuses und des Alten Rathauses.[6][4] Seitdem umfasste das Gräfliche Haus sowohl die (damalige) Hausnummer 7 als auch 8.

Der Familie von Closter gehörte später auch kurzzeitig der benachbarte Gasthof Jerusalem (seinerzeit Nr. 9).[12] Sie verkaufte den rechten Teil des Gräflichen Hauses am 6. Oktober 1851 an den Gastwirt Ocke Meewes Verwer (oder Verver) für 4.700 Reichstaler in Gold.[8][11] Auf Antrag Ververs wurde 1872 der östliche Grundstücksteil sowie die Scheune von der Nr. 8 abgetrennt und dem Gasthof Nr. 9 zugeschrieben.[12][11]

1861 bis 1922 der Soltau Kurier Norden und seit der Trennung nur noch die Druckerei von Otto G. Soltau befindet.[13] Soltau hatte den rechten Gebäudeteil seit 1861 gepachtet und wurde 1872 Eigentümer.[11] Bis heute ist das Gebäude Sitz der Druckerei. Seit dem 30. April 2015 ist hier neben der Druckerei auch der Radiosender Radio Nordseewelle ansässig.[14] 2023 war das Gebäude einige Monate zum Verkauf inseriert.

Beschreibung

Das Gebäude ist ein zweigeschossiger Backstein- bzw. Klinkerbau. Von dem ehemaligen Treppenturm sowie dem linken Gebäudeteil ist seit dem Bau des benachbarten Postamtes nichts mehr vorhanden.

Trivia

Unmittelbar nach Beginn des Ersten Weltkriegs brachte der Ostfriesische Kurier ein Extrablatt heraus. Bei der Ausgabe sammelte sich eine jubelnde Menschenmenge vor dem Gebäude und sang gemeinsam das patriotische Lied Die Wacht am Rhein.[15]

Galerie

Einzelnachweise

  1. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 31
  2. 2,0 2,1 2,2 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 33
  3. 3,0 3,1 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 32
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 191
  5. Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 38
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 70
  7. 7,0 7,1 Canzler, Gerhard (1989): Norden. Handel und Wandel, Norden, S. 192
  8. 8,0 8,1 8,2 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 35
  9. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 9
  10. Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 36
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 Schreiber, Gretje (1992): Der Norder Marktplatz und seine Geschichte bis heute, Aurich, S. 37
  12. 12,0 12,1 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 44
  13. Internetseite des Soltau Kurier Norden, abgerufen am 12. März 2021
  14. Bekanntmachung der Niedersächsischen Landesmedienanstalt, abgerufen am 8. Mai 2021
  15. Haddinga, Johann (2001): Norden im 20. Jahrhundert, Norden, S. 14

Siehe auch