Amt Norden

Aus Norder Stadtgeschichte
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Das Amt Norden war ein Gemeindeverbund und Vorläufer des Landkreises Norden. Es bestand seit 1474 bis 1811 sowie erneut von 1814 bis 1885 und ging danach in den Landkreis Norden auf. Als praktisch letztes Überbleibsel der ehemaligen Ämter hat sich noch die Bezeichnung Amtsgericht erhalten, die zunächst als auf Amtsebene zuständiges Pendant zu den in den Städten zuständigen Stadtgerichten existierten.

Geschichte

Ostfriesland war seit spätestens 1474 verwaltungsmäßig in Ämter und Herrlichkeiten eingeteilt.[1] Die dann gebildeten Ämter waren zuvor ebenfalls Herrlichkeiten gewesen. Solche blieben nur diejenigen Orte bzw. Gemeinden, in denen der Landesherr (das Grafen- bzw. Fürstenhaus) nicht zugleich auch Grundherr war und damit die volle landesherrliche Gewalt ausübte.[2] Man kann also sagen, je weniger einflussreich und besitzend die Cirksena waren, umso besser konnten sich die Orte als Herrlichkeit (wie etwa im Falle von Dornum, das Sitz der mächtigen Beninga war) behaupten.

Nach der Eingliederung der ehemaligen Herrlichkeit Pewsum als Amt im Jahre 1610 gab es in Ostfriesland insgesamt elf Amtsbezirke, die mit Ausnahme von Pewsum ihrerseits in Vogteien unterteilt waren, denen ein Vogt vorstand. Zur Amtsvogtei Norden gehörten Westermarsch I, Westermarsch II, Süderneuland I, Süderneuland II und Lintelermarsch. Die Städte, so auch Norden, waren nicht in die Ämterstruktur eingebunden.[3] Die Vorsteher der Ämter wurden zunächst Drost, später Amtsverwalter und noch später Amtshauptmann genannt. Anfangs standen noch ein Drost und ein Amtmann gemeinsam an der Spitze. Der Drost führte das Kommando auf der Burg und übte die Polizeigewalt aus; dem Amtmann war die Gerichtsbarkeit unterstellt. Gemeinsam hatten sie die Oberaufsicht über das Deichwesen. Ein Rentmeister zur Hebung der Einkünfte und Gefälle stand ihnen zur Seite.[4]

In der Lokalverwaltung des ländlichen Raums war Ostfriesland in Bauerschaften eingeteilt, die zugleich politische Gemeinden darstellten. In der Marsch bildete jede Bauerschaft in der Regel ein Kirchspiel, während auf der Geest das Kirchspiel aus mehreren Bauerschaften bestehen konnte. Die Gemeinden, Kirchspiele oder Bauerschaften konnten sich ihrerseits wieder in Kluften, Rotten, Kedschaften oder Theene gliedern.[5] In der Stadt Norden standen ober den Kluften die Rotten, in den zum Amt gehörenden, heutigen Stadtteilen (siehe oben) hingegen gab es keine Kluften, sondern nur Rotten als administrative Unterteilung.

Im Zuge der französischen Besatzung Ostfrieslands zur Zeiten von Napoleon wurden die Ämter durch Kantone abgelöst. Nach der Besatzungszeit wurden die Ämter wieder eingeführt und das Amt Norden wurde zu einem der Landdrostei Aurich untergeordneten Gemeindeverbund. Dieser Umstand wurde auch nach der (erneuten) preußischen Zeit beibehalten. Eine Landdrostei kann man sich als Vorläufer der Regierungsbezirke vorstellen. Ihr stand ein Drost vor, ein hoher Beamter, der den Landesherren vertrat. Diese Position kann in etwa mit den ehemaligen Regierungspräsidenten verglichen werden.

Gliederung

1610 bis 1811

Zur Amtsvogtei Norden gehörten Westermarsch I, Westermarsch II, Süderneuland I, Süderneuland II und Lintelermarsch. Die Städte, so auch Norden, waren nicht in die Ämterstruktur eingebunden.[3]

1814 bis 1852

Das Amt Norden war geteilt in die erste Amtsvogtei Norden, bestehend aus den Untervogteien Juist und Osteel, und in die zweite Amtsvogtei Norden, die keine Untervogteien hatte und Westermarsch I und Westermarsch II verwaltete.

1817 bekamen die Ämter eine eigene Ämterverfassung. Im Zuge weiterer Reformen wurde den Bürgermeistern zum 1. März 1827 die städtische Gerichtsbarkeit ab- und den Ämtern zuerkannt.[6] Nun waren die Amtsgerichte (daher der Name) für die (niedere) Gerichtsbarkeit zuständig. Ihnen bis heute übergeordnet sind die Landgerichte, die Oberlandesgerichte und letztendlich die Bundesgerichte.

1852 bis 1885

Zum Amt Norden gehörten bis auf die Kernstadt das heutige Gebiet der Stadt Norden sowie unter anderem die Gemeinden Lütetsburg, Leezdorf, Marienhafe, Osteel, Rechtsupweg, Upgant, Schott sowie die Inselgemeinde Juist. 1859 wurde das Amt Norden mit dem Amt Berum zusammengeschlossen. Das neue Amt hieß zunächst Amt Berum und seit 1869 wieder Amt Norden. 1885 wurde aus Stadt und Amt Norden schließlich der Landkreis Norden gebildet.

Amtshauptmänner

Amtszeit Vollständiger Name
1814 - 1819 ???
1819 - 1843 Anton Günther Carl von Glan
1843 - 1844 vakant
1844 - 1869 Georg Schweers
1869 - 1879 Johann Theodor Meyer
1879 - 1882 Jacob Friedrich Wilhelm Tilemann
1882 - 1884 ???
1884 - 1885 Adolf von Buschmann

Bevölkerungsentwicklung

Jahr Einwohner
1821 30.853
1848 39.730
1871 42.413

Trivia

An die einstigen Ämter erinnert in unserer Region heute nur noch wenig. Eines der bekanntesten Überbleibsel ist jedoch die Bezeichnung Amtsgericht, dessen Begrifflichkeit zu dieser Zeit entstand. In Berum gibt es zudem beispielsweise eine Straße namens Am Alten Amt, die sich auf die Lage nahe des Sitzes des Amt Berum bezieht.

Einzelnachweise

  1. Beschreibung der Kirchengemeinde Norden, abgerufen am 9. November 2021
  2. König, Joseph (1955): Verwaltungsgeschichte Ostfrieslands bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, Göttingen, S. 159
  3. 3,0 3,1 König, Joseph (1955): Verwaltungsgeschichte Ostfrieslands bis zum Aussterben seines Fürstenhauses, Göttingen, S. 163
  4. Rack, Eberhard (1967): Besiedlung und Siedlung des Altkreises Norden, Münster, S. 22
  5. Heise, Hans-Michael (1937): Die bewaffneten Ostfriesen in der Grafen- und Fürstenzeit, Aurich, S. 18
  6. Cremer, Ufke (1955): Norden im Wandel der Zeiten, Norden, S. 84

Siehe auch