Gut Lintel

Aus Norder Stadtgeschichte
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Gut Lintel

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Basisdaten
Entstehungszeit 1845 (1798)
Erbauer Wilhelm Vissering
Bauweise Stadtvilla / Herrenhaus
Erhaltungszustand erhalten
Genaue Lage Parkstraße 12

26506 Norden

Das Gut Lintel ist eine große, denkmalgeschützte Stadtvilla, die sich inmitten des Linteler Wäldchens zwischen der Parkstraße und der Kastanienallee befindet. Die Zufahrt befindet sich neben dem Parkplatz an der Bushaltestelle der Linteler Schule und ist entsprechend beschildert.

Das Gut Lintel darf nicht mehr dem nahegelegenen Hof Lintel (später bekannt als Auktionshalle) verwechselt werden.

Geschichte

Ursprünglich bezeichnete Gut Lintel den Hof Lintel mit umfassenden Ländereien, der westlich der Idzingaburg lag und zu dessen Nebengebäuden gehörte. Möglicherweise war es das Vorwerk der Idzingaburg oder geht auf dieses zurück.[1] Zum Hof gehörten fünfzig Diemat Land, also ungefähr 285.000 qm, die sich vorwiegend auf das nähere Umland konzentrierten. Der Gutshof existierte mindestens seit dem 17. Jahrhundert, vermutlich jedoch bereits viel früher. Die Bewohner lassen sich seit dem 16. Jahrhundert nachweisen.[1]

1845 wurde das heute noch bestehende, erst 1798 neu errichtete und sich bis dahin im Besitz der Nachkommen des Engelbert Kettler befindliche Haupthaus durch Wilhelm Vissering im Stil einer großen, schlossähnlichen Stadtvilla umgestaltet.[2][3] Es handelt sich um einen klassizistischen Backsteinbau mit modernen Anbauten. Um das Gebäude wurde ein etwa ein Hektar großer Park im englischen Stil angelegt. Der Volksmund taufte ihn später auf den Namen Linteler Wald bzw. Linteler Wäldchen. Zum parkähnlichen Wald, der der Parkstraße ihren Namen gab, gehörte auch ein Teich sowie künstlich geschaffene Anhöhen. Der Entwurf dieser englischen Gartenanlage ist dem Herzoglich Oldenburgischen Hofgärtner Christian Ludwig Bosse zuzuschreiben.[2]

Weiterhin wurde eine Allee mit Kastanienbäumen errichtet, die von der Linteler Straße direkt auf das Haupthaus zuführt.[4] Heute trägt diese Allee den Namen Kastanienallee. Das Holztor, welches das Befahren von hier mit Kraftfahrzeugen verhindert, ist jedoch erst nach 1980 errichtet worden.[5] An dieser Allee steht eine Baracke, die noch bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg als Lazarett der britischen Besatzungsmacht und heute als Vereinsheim für drei Norder Vereine dient.

Das Linteler Wäldchen ist heute städtischer Besitz und frei zugänglich. Die Anhöhen und der Teich sind noch vorhanden, jedoch ist das Gebiet über die Jahrzehnte verwildert und kaum mehr als Park zu erkennen.[2] Mit dem Bau des Jahnplatzes hat es zudem einen Teil seiner Fläche einbüßen müssen. Bereits seit mindestens 1800 verlief hier ein wichtiger Verbindungsweg der Bewohner von Ostlintel zur Linteler Mühle und zur Ludgerikirche, weshalb der Weg auch amtlich als Kirchweg verzeichnet war. Als Wilhelm Vissering diesen Weg 1851 absperrte, kam es zu einem Rechtsstreit zwischen ihm und der Gemeinde Sandbauerschaft, zu der Ostlintel seinerzeit noch gehörte. Vissering unterlag und musste den Weg wieder freigeben.[3]

Nach dem Tod von Wilhelm Vissering (er starb 1860) ging das Gut in den Besitzs eines Sohnes Friedrich Bodewin Vissering über. Später erbt sein Sohn Karl Vissering das Gut. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg ging es mit seinen Besitztümern jedoch abwärts. Auch eine Konsolidierung durch die Währungsreform nach der Inflationszeit gelang nicht. 1919 wurde Vissering wegen überhöhter Preisforderungen für Gemüse angezeigt und zur Rechenschaft gezogen. Der wirtschaftliche Ruin Visserings vollzog sich immer weiter, obwohl zu dieser Zeit noch der Hof Flökershausen mit 61 Hektar, der Hof Breepott mit 50 Hektar und der Hof Uhlenwarf mit 5 Hektar zu seinem Besitz zählten. Weiterhin war er Pächter der Petersbörg, des Zuckerpolders sowie von Ländereien und Hellern in der Größe von 150 Hektar auf Norderney.[3]

1929 war er zum Verkauf des Hofs Breepott mitsamt der dazugehörigen Ländereien gezwungen.[6] Zuvor musste er bereits umfangreiche Ländereien im Umfeld des Guts, so etwa den Stuvert (wo bis 1938 der Jahnplatz entstand) veräußern. Unbeirrt dessen versuchte er sich weiterhin in der kostenintensiven Zucht von Pferden und brachte 1924 ein Buch mit dem Titel Gut Lintel bei Norden (Ostfriesland) - Zuchtstätte rotbrauner Ostfriesen heraus.[7] Nach vorheriger Zwangsverwaltung wurde 1932 die Zwangsversteigerung seines restlichen Besitzes, des Guts Lintel, eingeleitet.[6] Neuer Eigentümer wurde die Sparkasse Aurich-Norden, die es an den Getreidehändler Wilhelm Bley aus Emden veräußerte.[3]

1940 erging erneut ein Pfändungsbeschluss gegen Vissering, der seit 1935 als Landwirt in Leer-Loga tätig war.[6] 1977 oder 1978 gelangte das Gut schließlich in den Besitz des Rechtsanwalts Veit Wucherpfennig, der auch das Schöninghsche Haus vor dem Verfall bewahrte.[2] Heute steht das Anwesen im Eigentum eines Norder Ärztepaares.

Galerie

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Schreiber, Gretje (2011): Höfe in der Sandbauerschaft, Manuskript
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Pühl, Eberhard (2007): Alte Backsteinhäuser in Ostfriesland und im Jeverland. Backsteinbauten des 15. bis 19. Jahrhunderts, Oldenburg, S. 219
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 Canzler, Gerhard (1997): Alt-Norden, Weener, S. 100
  4. Preußische Grundkarte von ca. 1895 (Erste Landesaufnahme)
  5. Medienzentrum des Landkreises Aurich (Bildarchiv: 0267688.jpg)
  6. 6,0 6,1 6,2 Mahmens, Sven (2007): Biographie des Karl Vissering, veröffentlicht bei der Ostfriesischen Landschaft
  7. Bücherverzeichnis von Google Books, abgerufen am 23. April 2021

Siehe auch